Hutter - unfreier Wille

 

Leonhard Hutter (1563-1616): Inbegriff der Glaubens-Artikel aus der heiligen Schrift und den symbolischen Büchern zusammengestellt (Compendium locorum theologicorum ex scripturis sacris et libro concordiae), Leipzig 1837

 

Leonhard Hutter über den unfreien Willen:

 

Neunter Artikel. Vom freien Willen, oder von den menschlichen Kräften.

 

1. Wird denn der menschliche Wille nur auf eine Weise betrachtet?

 

Nein; sondern er lässt eine vierfache Betrachtung zu: 1) vor dem Fall; 2) nach dem Fall; 3) nach der Wiedergeburt; 4) nach der Auferstehung des Fleisches. Concord. Form. Summ. Begr. Art. 2. S. 814.

 

2. Was für einen freien Willen hatte der Mensch vor dem Fall?

 

Jenen, welcher oben im 6. Artikel: „vom Ebenbilde Gottes,“ erklärt worden ist. Denn dies, dass der Mensch eben so nicht sündigen, als sündigen konnte, wenn er wollte, war nicht der letzte Teil des Ebenbildes Gottes.

 

3. Ist denn dem Menschen nach dem Fall einige Freiheit des Willens übrig ge-blieben?

 

„Der Mensch hat nach dem Fall etlicher Maßen einen freien Willen, äußerlich ehrbar zu leben, und zu wählen unter denen Dingen, so die Vernunft begreift.“ Denn er kann einiger Maßen „von Gott reden, einen äußerlichen Gottesdienst, oder heilige Gebärden erzeigen, Oberkeit und Eltern gehorchen, nicht stehlen, nicht töten. Denn dieweil nach Adams Fall gleichwohl bleibt die natürliche Vernunft, dass ich Böses und Gutes kenne in den Dingen, die mit Sinnen und Vernunft zu begreifen sein, so ist auch etlicher Maßen unsers freien Willens Vermögen, ehrbar (S. 57) oder unehrbar zu leben.“ Augsb. Conf. Art. 18. S. 48. Apolog. Art.8. S. 365

 

+ 4. Warum sagst du: einiger Maßen?

 

Weil „die angeborene böse Lust so gewaltig ist, dass die Menschen öfter der-selbigen folgen, denn der Vernunft. Und der Teufel, welcher kräftiglich wirket in den Gottlosen, reizt ohne Unterlass die arme schwache Natur zu allen Sünden. Und das ist die Ursache, warum auch wenig, der natürlichen Vernunft nach, ein ehrbar Leben führen.“ Apolog. a. a. O.

 

5. Hat denn der Mensch nach dem Fall auch einige Freiheit in den geistlichen Dingen?

 

Nein; denn nach dem Fall hat der Mensch alle Kraft verloren, ohne den heiligen Geist die Gerechtigkeit Gottes, oder geistliche Gerechtigkeit zu wirken; „denn der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geiste Gottes,“ 1 Kor. 2,14; sondern dies geschieht in dem Herzen, wenn durch das Wort der heilige Geist empfangen wird. Augsb. Conf. Art. 18. S. 48.

 

* 6. Kann denn der Mensch nicht aus den Kräften des Willens auch vor der Be-kehrung sich auf die Gnade vorbereiten, zu ihr sich hinneigen und, wenn auch nur auf schwache Weise, dem Worte Gottes beistimmen?

 

Er kann es nicht; denn die heilige Schrift bezeugt, dass der Verstand, das Herz und der Wille des unwiedergeborenen Menschen in geistlichen und göttlichen Dingen aus eignen und natürlichen Kräften ganz und gar nichts erkennen, glauben, ergreifen, denken, wollen, anfangen, vollenden, tun, wirken oder mit-wirken könne. Concord. Form. Summ. Begr. Art. 2. S. 921. „Im kleinen Katech. D. Luthers stehet also geschrieben: Ich glaube, dass ich nicht aus eigner Vernunft noch Kraft an Jesum Christum meinen Herrn glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der heilige Geist hat mich durchs Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten, gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiliget, und bei Jesu Christo erhält im rechten einigen Glauben etc. Und in der Auslegung des Vater Unsers in der andern Bitte, sind diese Worte: Wie geschieht das? nämlich dass Gottes Reich zu uns komme? Antwort: wenn der himmlische Vater uns seinen (S. 58) heiligen Geist, gibt, dass wir seinem heiligen Wort durch seine Gnade glauben, und göttlich leben etc. Diese Zeugnis sagen, dass wir aus eignen Kräften zu Christo nicht kommen mögen, sondern Gott müsse uns seinen heiligen Geist geben, dadurch wir erleuchtet, geheiligt und also zu Christo durch den Glauben gebracht, und bei ihm erhalten werden, und wird weder unsers Willens noch Mitwirkens gedacht. Hierauf wollen wir einen Spruch setzen, da sich D. Luther nachmals mit einer Protestation, dass er bei solcher Lehre bis an sein Ende zu verharren gedenke, erkläret, im großen Bekenntnis vom heiligen Abendmahl, da er also saget: Hiermit verwerfe und verdamme ich als eitel Irrtum alle Lehre, so unsern freien Willen preisen, als die stracks wider solche Hilf und Gnade unsers Heilands Jesu Christi strebet. Denn weil außerhalb Christo der Tod und die Sünde unsere Herren, und der Teufel unser Gott und Fürst ist, kann da keine Kraft noch Macht, kein Witz noch Verstand sein, damit wir zu der Gerechtigkeit und Leben uns könnten schicken oder trachten, sondern müssen verblendete und Gefangene, der Sünde und des Teufels eigne sein, zu tun und zu gedenken, was ihnen gefallet, und Gott und seinen Geboten wider ist. In diesen Worten gibt D. Luther, seliger und heiliger Gedächtnis, unserm freien Willen keine eigene Kraft, sich zur Gerechtigkeit zu schicken, oder darnach zu trachten, sondern saget, dass der Mensch verblendet und gefangen, allein des Teufels Willen, und was Gott dem Herrn zuwider ist, tue. Darum ist hier kein Mitwirken unsers Willens in der Bekehrung des Menschen, und muss der Mensch gezogen, und aus Gott neu geboren werden, sonst ist kein Gedanken in unserm Herzen, der sich zu dem heiligen Evangelio, dasselbige anzunehmen, von sich selbst wenden möchte. Derhalben ist es unrecht gelehrt, wenn man vorgibt: dass der unwieder-geborene Mensch auch so viel Kräfte habe, dass er begehre das Evangelium anzunehmen, sich mit demselbigen zu trösten, und also der natürliche, mensch-liche Wille in der Bekehrung etwas mitwirke.“

 

* 7. Kannst du dies aus der heil. Schrift beweisen?

 

Ja; denn sie bezeugt, dass der Mensch zum Guten gänzlich verdorben und tot sei, so dass in seiner Natur nach dem Falle vor der Wiedergeburt nicht einmal ein Fünklein geistlicher Kräfte übrig geblieben oder noch da sei, mit welchen er aus sich selbst zu der Gnade Gottes sich vorbereiten, oder die dargebotene Gnade ergreifen, oder zu dieser Gnade (aus sich, und durch sich) geschickt sein könne, oder sich zur Gnade neigen, oder mit seinen Kräften etwas zu seiner Bekehrung, sei es ganz, oder zur Hälfte, oder (S. 59) zum geringsten Teil, beitragen, tun, wirken oder mitwirken könne: sondern der Mensch sei der Sünde Knecht, und Eigentum des Satans, von welchem er getrieben wird.

 

8. Gib die Zeugnisse der heiligen Schrift?

 

Von dem Verstand oder der Erkenntnis des Menschen sind diese Zeugnisse klar: 1 Kor. 2,14. „Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit, und kann es nicht erkennen, denn es muss geistlich gerichtet sein.“ Conc. Form. Summ. Begr. Art. 2. S. 815. Eph. 4,17.18. „Sie wandeln (die unwiedergeborenen Menschen) in der Eitelkeit ihres Sinnes, Welcher Verstand verfinstert ist, und sind entfremdet von dem Leben, das aus Gott ist, durch die Unwissenheit, so in ihnen ist, und durch die Blindheit ihres Herzens.“ Matth. 13,13. „Mit sehenden Augen sehen sie nicht, und mit hörenden Ohren Hören sie nicht; denn sie verstehen es nicht.“ Röm. 3,12. „Sie sind alle abgewichen, und allesamt untüchtig , geworden; da ist nicht, der Gutes tue; auch nicht Einer.“ Eph. 5,8. „Ihr wart weiland Finsternis, nun aber seid ihr ein Licht in dem Herrn.“ Ap. Gesch. 26,18 und 1 Joh. 2,8. „Das Licht scheinet in die Finsternis, dass sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht.“ Eph. 2,1. „In Sünden waren wir (nicht schwach, nicht krank, nicht unkräftig, sondern) tot.“ 2 Kor. 3,5. „Nicht, dass wir tüchtig sind von uns selber, etwas zu denken, als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott.“ Röm. 8,6.7. „Das Sinnen des Fleisches ist Feind-schaft gegen Gott.“

 

9. Beweise eben dies vom Herzen oder Willen des Menschen?

 

Erstens ist dieses klar aus den eben angeführten Sprüchen der heil. Schrift: denn wie kann in den geistlichen Dingen der unwiedergeborene Mensch etwas wollen, wenn er das, was jene geistliche Dinge sind, nicht erkennt? Zweitens bezeugt die heil. Schrift klar und deutlich, dass der Wille des unwiedergeborenen Menschen in göttlichen Dingen nicht nur gänzlich von Gott abgewendet: sondern auch gegen, zu allem Bösen gekehrt, und ganz und gar verderbet ist. 1 Mos. 6,5 und 8,21. „Das Dichten des menschlichen Herzens ist nur böse von Jugend auf.“ (S. 60) +Jerem. 17,9. „Es ist das Herz ein trotziges und verzagtes Ding, wer kann es ergründen?“ Röm. 8,7. „Das Sinnen des Fleisches ist Feindschaft gegen Gott.“ Gal. 5,17. „Das Fleisch gelüstet wider den Geist.“ Röm. 7,14. „Wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist: Ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft.“ Und Vers 22 und 23: „Ich habe Lust an Gottes Gesetz, nach dem inwendigen Men-schen: ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das da widerstreitet dem Gesetz in meinem Gemüte, und nimmt mich gefangen in der Sünden Ge-setz, welches ist in meinen Gliedern.“

 

+ 10. Wenn die Beschaffenheit des unwiedergeborenen Menschen eine solche ist, so scheint er nicht mehr zu seiner Bekehrung zu tun, als ein Stein oder Baumstamm?

 

Die heilige Schrift trägt in der Tat kein Bedenken, das Herz des unwieder-geborenen Menschen einem harten Steine zu vergleichen, welcher, wenn er berührt wird, nicht nachgibt, sondern widersteht; ferner einem unbehauenen Baumstamme; zuweilen auch einem ungezähmten, wilden Tiere; aber solche Vergleichungen sind im gesunden, rechtgläubigen Verstande zu fassen. S. Conc. Form. Erklär. Art. 2. S. 912.

 

* 11. Welcher ist dieser gesunde Verstand?

 

Der Verstand ist nicht dieser, dass der Mensch nach dem Fall nicht mehr ein vernünftiges Geschöpf sei; oder dass er, ohne das göttliche Wort anzuhören und darüber nachzudenken, bekehrt werde; oder dass er in äußerlichen und bürger-lichen Dingen nichts Gutes oder Böses erkennen, oder frei etwas tun oder unterlassen könne: sondern dass er in geistlichen und göttlichen Dingen aus eignen Kräften nicht mehr zu seiner Bekehrung leisten könne, als ein Baum-stamm oder ein Stein. Ja er ist weniger, als ein Stein oder Baumstamm, als welche wenigstens nicht widerstreben.

 

* 12. Also ist dem unwiedergeborenen Menschen durchaus keine Geschicktheit zu seiner Bekehrung zuzugestehen?

 

Ich unterscheide mit dem sel. Luther zwischen tätiger und leidender Geschickt-heit oder Fähigkeit. Jene spreche ich dem unwiedergeborenen oder unbekehrten Menschen schlechthin ab; diese aber (die leidende) gestehe ich ihm zu.

 

* 13. Was für eine Ursache hast du zu dieser Unterscheidung?

 

Weil Gott nach seinem so ernsten und gerechten Gericht die (S. 61) gefallenen bösen Geister in alle Ewigkeit verstoßen: nach seiner besonderen Barmherzigkeit aber gewollt hat, dass die so elende Natur des gefallenen Menschen, der Be-kehrung und Gnade Gottes, und des ewigen Lebens wiederum fähig und teil-haftig werden sollte, nicht zwar aus eigner, natürlicher, tätiger oder wirksamer Geschicklichkeit, Geeignetheit oder Fähigkeit; sondern aus lauterer Gnade, durch die barmherzige und wirksame Tätigkeit des heiligen Geistes: so wird deshalb die leidende Fähigkeit dem unwiedergeborenen Menschen ganz mit Recht zuge-schrieben.

 

14. Wenn der Mensch aus seinen eigenen Kräften nichts zu seiner Bekehrung tut, wer wirkt dann dieselbe?

 

Des unwiedergeborenen Menschen Bekehrung, Glaube an Christum, Wieder-geburt, Erneuerung, und Alles, was dazu gehört, sie wirksam anzufangen und zu vollenden, wird in der heil. Schrift durchaus nicht in irgend einem oder auch nur im geringsten Teile den menschlichen Kräften des natürlichen freien Willens zugeschrieben: sondern völlig, d. h. schlechthin der alleinigen göttlichen Wirkung und dem heiligen Geiste. Conc. Form. Erklär. Art. 2, S. 915.

 

15. Beweis' dies aus der heiligen Schrift?

 

Philipp. 2,13. „Gott ist es, der in euch wirket beides, das Wollen und das Voll-bringen, nach seinem Wohlgefallen.“ Ap. Gesch. 5,31. „Gott gibt Buße und Vergebung der Sünden.“ Philipp. 1,29. „Denn es ist euch gegeben um Christus willen zu tun, dass ihr nicht allein an ihn glaubet, sondern auch um seinetwillen leidet.“ Eph. 2,8. „Aus Gnaden seid ihr selig geworden durch den Glauben, und dasselbige nicht aus euch, Gottes Gabe ist es.“ Joh 6,29. „Das ist Gottes Werk, dass ihr an den glaubet, den Er gesandt hat.“ Matth. 13,11 und 14. „Gott ist es, welcher Verstand gibt, und sehende Augen und hörende Ohren.“ Vgl. 5 Mos. 26, 4. Tit. 3,5. „Der heilige Geist ist der Geist der Wiedergeburt und Erneuerung.“ Ezech. 11,19 und Kap. 36,26. 5 Mos. 30,6. Ps. 51,12. „Gott nimmt das harte und steinerne Herz: und gibt ein neues, weiches und fleischernes, dass wir in seinen Geboten wandeln.“ Eph. 2,10. „Gott hat uns in Christo Jesu zu guten Werken geschaffen.“ Jacob. 1,17. „Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts.“ (S. 62) Joh. 6,44. „Niemand kann zu Christo kommen, es sei denn, dass der Vater ihn ziehe,“ d. h. ihn belehre. Matth. 11,27. „Niemand kennet den Vater, denn nur der Sohn, und wem es der Sohn will offenbaren.“ l Korinth. 12,3. „Niemand kann Jesum einen Herrn heißen, ohne durch den heiligen Geist.“ Joh. 15,5. „Ohne mich könnet ihr nichts tun.“ 2 Korinth. 3,5. „Dass wir tüchtig sind, ist von Gott.“ 1 Korinth. 4,7. „Was hast du aber, das du nicht empfangen hast? So du es aber empfangen hast, was rühmest du dich denn, als der es nicht empfangen hätte?“

 

16. Verrichtet denn der heilige Geist das Werk der Bekehrung durch Mittel oder ohne Mittel?

 

Durch Mittel. „Denn Gott will durch kein anderes Mittel, als durch sein heiliges Wort, so man dasselbige predigen höret oder liest, und die Sakramente nach seinem Wort gebrauchet, die Menschen zur ewigen Seligkeit berufen, zu sich ziehen, bekehren, wiedergebären und heiligen.“ Conc. Form. Erklär. Art. 2. S. 925.

 

* 17. Wolltest du dies wohl aus der heil. Schrift beweisen?

 

1 Korinth. 1,21. „Dieweil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch törichte Predigt selig zu machen die, so daran glauben.“ Röm. 10,17. „Der Glaube kommt aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Gottes.“ Joh. 17,20. „Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, so durch ihr Wort an mich glauben werden.“ Ap. Gesch. 11,14. „Petrus wird dir Worte sagen, dadurch du selig werdest, und dein ganzes Haus.“ Matth. 17,5 sagt der ewige Vater vom Sohne: „den sollt ihr hören.“

 

* 18. Nun möcht' ich, dass du die ganze Weise und Verfahren beschriebest, dessen sich Gott bei Bekehrung der Menschen gebraucht?

 

„Dieweil die natürlichen Kräfte des Menschen zur wahren Bekehrung nichts tun oder helfen können (1 Kor. 2,14. 2 Kor. 3,5.), so kommt Gott aus unermesslicher Güte und Barmherzigkeit uns zuvor, und lässt sein heiliges Evangelium, dadurch der heilige Geist solche Bekehrung und Verneuerung in uns wirken und aus-richten will, predigen, und zündet durch die Predigt und (S. 63) Betrachtung seines Worts den Glauben und andere gottselige Tugenden in den Hörenden an: so jedoch, dass es Gaben und Wirkungen des heiligen Geistes allein sind.“ Conc. Form. Erkl. Art. 2. S. 933.

 

+ 19. Wie verhält sich denn der Wille des Menschen bei solcher Bekehrung?

 

Der menschliche Wille ist weder wirkende, noch mitwirkende Ursache, noch auch diejenige Ursache, ohne welche die Bekehrung nicht geschehen könnte. Wes-halb auch jene Lehre von den drei wirkenden, in der Bekehrung des unwieder-geborenen Menschen zusammentreffenden Ursachen, welche bisher in den Schulen vorgetragen worden, mit Recht verworfen wird. S. Conc. Form. Erklär. Art. 2. S. 940. „Weil auch in den Schulen die Jugend mit der Lehre von den dreien wirklichen Ursachen der Bekehrung der unwiedergeborenen Menschen zu Gott, heftig irre gemacht worden, welchergestalt dieselbige (nämlich, das gepredigte und gehörte Wort Gottes, der heilige Geist, und des Menschen Wille) zusammenkommen; ist abermals aus hievor gesetzter Erklärung offenbar, dass die Bekehrung zu Gott, allein Gottes des heiligen Geistes Werk sei, welcher der rechte Meister ist, der allein solches in uns wirket, dazu er die Predigt und das Gehör seines heiligen Worts als sein ordentlich Mittel und Werkzeug gebraucht; des unwiedergeborenen Menschen Verstand aber und Wille, ist anders nicht, denn allein das zu bekehrende Subjekt, als eines geistlichen toten Menschen Verstand und Wille, in dem der heil. Geist die Bekehrung und Erneuerung wirkt. Zu welchem Werk des Menschen Wille, so bekehret soll werden, nichts tut, sondern lässt allein Gott in ihm wirken, bis er wiedergeboren, und alsdann auch mit dem heiligen Geiste in andern nachfolgenden guten Werken wirket, was Gott gefällig ist, auf Weise und Maaße, wie droben ausführlich erkläret worden.“

 

* 20. Wie verhält er sich denn?

 

Der menschliche Wille verhält sich nur als Subjekt, das bekehrt werden soll, in welchem der heilige Geist die Bekehrung und Erneuerung wirket; zu welchem Werk aber der Wille des zu bekehrenden Menschen nichts beiträgt: sondern lässt Gott in ihm wirken, bis er wiedergeboren wird.

 

21. Dass wir schließen, so sag' mir noch, wie viel und welches sind die Ursachen der Bekehrung?

 

Es gibt nicht mehr, denn zwei Ursachen: die eine, und zwar die ursprünglich wirkende, ist der heilige Geist; die andere, (S. 64) welche das Mittel ist, ist das Wort Gottes, welches des heiligen Geistes Werkzeug ist, wodurch er die Be-kehrung des Menschen bewirkt. Des unwiedergeborenen Menschen Verstand aber und Wille sind nur das Subjekt, welches bekehrt werden soll. S. Conc. Form. Erkl. a. a. O. Conc. Form. Summ. Begr. Art. 2. „Dass also vor der Be-kehrung des Menschen nur zwei wirkliche (d. i. wirkende) Ursachen sich finden, nämlich der heilige Geist und das Wort Gottes, als das Instrument des heiligen Geistes, dadurch er die Bekehrung wirket, welches der Mensch hören soll, aber demselbigen nicht aus eigenen Kräften, sondern allein durch die Gnade und Wirkung Gottes des heiligen Geistes, Glauben geben und es annehmen kann.“

 

* 22. Also verhält sich der Wille bei der Bekehrung nur leidend?

 

Ja; denn ich behaupte mit dem sel. Luther, dass der Wille des Menschen sich bei der Bekehrung nur leidend verhält, was nämlich jene neuen Bewegungen betrifft, welche der Geist Gottes durch das Wort und die Sakramente in dem Herzen oder dem Willen des Menschen anzündet, und so die Bekehrung wirket. Nach der Bekehrung aber ist dieser erneuerte Wille das Werkzeug und Instrument des heiligen Geistes, dass er nicht allein die Gnade ergreife, sondern auch in nach-folgenden Übungen des Glaubens mit dem heiligen Geiste zugleich wirke.