Hunnius - Abendmahl

 

Nikolaus Hunnius: Kurzer Inhalt Dessen,

Was ein Christ von Göttlichen unnd Geistlichen Dingen

zu wissen und zu gleuben bedürfftig (1625)

 

Nikolaus Hunnius über das Abendmahl:

 

Das siebenundzwanzigste Kapitel. 

(Vom heil. Abendmahl.) 

 

Das heilige Abendmahl ist ein Sakrament, in welchem der Herr Jesus Christus seinen Leib unterm Brot zu essen und sein Blut unterm Wein zu trinken eingesetzt hat, dass er dadurch sein heilig Leiden und Blutver-gießen jedem insonderheit zueigne, die evangelische Verheißung versiegle und den Glauben bekräftige.

 

662. Dieses ist das andere Sakrament der Christen, davon zu wissen erstlich der Name. In der Schrift finden sich zwei Namen. Der eine: des Herrn Abendmahl, 1 Kor. 11,20: „wann ihr nun zusammen kommt, hält man da nicht des Herrn Abend-mahl“. Ursach ist, dass der Herr Christus eine Mahlzeit geordnet hat und dieselbe zum ersten gehalten am Abend, da er samt seinen Jüngern das Osterlamm ge-gessen hatte, Matth. 26,26. Und Sct. Paulus beschreibt die Umstände der ersten Einsetzung also: „der Herr Jesus in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot“ etc., 1 Kor. 11,23. Ob nun wohl dies Sakrament bei Tage pflegt gehalten zu werden, wird es doch aus angeregter Ursach das Abendmahl oder Nachtmahl genannt.

 

663. Der andere Name ist: der Tisch des Herrn, 1 Kor. 10,21: „ihr könnet nicht zugleich trinken des Herrn Kelch und der Teufel Kelch. Ihr könnt nicht zugleich teilhaftig sein des Herrn Tisches und des Teufels Tisches“. Ursach ist, weil uns der Herr mit dieser himmlischen Mahlzeit einen Tisch bereitet, die wir nach seiner Ordnung und Befehl genießen ihm zu Lob, uns aber zur Seligkeit, und die allein von ihm herrührt. Andere Namen, welche die alte Kirche gebraucht hat, ist un-nötig ferner zu erklären.

 

664. Zum andern: die Beschreibung, was das Abendmahl sei. Im Katechismus wird es also beschrieben: es ist der wahre Leib und Blut unsers Herrn Jesu Christi, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken von Christo selber eingesetzt. Das mag man also erklären: es ist eine geistliche, von Christo eingesetzte und verordnete Handlung, darin er den Christen unter dem gesegneten Brot seinen Leib und unter dem gesegneten Wein sein Blut zu essen und zu trinken darreicht, dass er damit seine Verheißungen, im Evangelio ge-schehen, einem jeden zueigne, versiegle, den Glauben stärke, und ihn also zu dem ewigen Leben speise und tränke. Diese Beschreibung wird in den nach-folgenden Punkten genugsam erklärt werden.

 

665. Zum dritten: die Vorbildungen, dadurch es, als durch eine Weissagung ist zuvor verkündigt worden. Deren können zwar nicht wenige angezeigt werden, weil sie aber sich etwas schwerlich hieher ziehen lassen, so sind diese zwei als die vornehmsten genugsam.

1) das Osterlamm, welches eine von Gott verordnete Mahlzeit war, darin die Juden zu dankbarem Wiedergedächtnis der Ausführung aus Ägypten jährlich an einem gewissen Tag auf den Abend ein Lamm essen mussten, 2 Mose 12,3.ff. In unserm Sakrament wird uns eine Abendmahlzeit bereitet, darin aufgesetzt wird ein Lamm (Joh. 1,29.), und zwar ein Osterlamm (1 Kor. 5,7.), das sollen wir essen (Matth. 26,26.) zu dankbarem Wiedergedächtnis der herrlichen Aus-führung aus der höllischen Gefängnis, Hos. 13,14. Zach. 9,11. Mich. 2,13. 1 Kor. 11,25. Luk. 22,19. Und wie die Juden das Blut des Osterlamms an die Pfosten und Schwellen der Häuser strichen, dass sie vom Würgengel sicher wären, 2 Mose 12,23., also errettet uns Christi Blut von des Teufels Gewalt, 1 Joh. 1,7: „das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde“; Zach. 9,11: „du lässest durchs Blut deines Bundes aus deine Gefangenen aus der Grube, da kein Wasser innen ist“; Röm. 3,25: „Gott hat uns Christum vorge-stellt zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben in seinem Blut“ etc.

 

666. 2) das Manna oder Himmelbrot, 2 Mose 16,15., samt dem Wasser, das aus dem geschlagenen Felsen lief, Kap. 17,6. Denn jenes zeucht der Herr Christus auf das Essen und Trinken seines Leibes und Blutes, Joh. 6,48.ff.: “ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben Manna gessen in der Wüste und sind ge-storben. Das ist das Brot, das vom Himmel kommt, auf dass, wer davon isset, nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel kommen; wer von diesem Brot essen wird, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch“ etc. Und Sct. Paulus, da er von des Herrn Abendmahl handeln will, schreibt zuvor von beiden Vorbildern: „unsere Väter haben alle einerlei Speise gegessen und haben alle einen geistlichen Trank getrunken, sie trunken aber von dem geistlichen Fels, der mitfolgte, welcher war Christus. Das ist uns zum Vorbild geschehen“, 1 Kor. 10,3.4.6.

 

667. Zum vierten: der Stifter des Abendmahls. Dieser wird uns deutlich genug angezeigt, dass es der Herr Jesus Christus gewesen. Wie aber von den Sakra-menten insgemein ist angezeigt worden, dass sie müssen Gott zum Stifter haben, also ist dasselbe hier auch wahr, und kann niemand etwas darin ordnen und setzen, ab- oder zutun, ohne Gott allein. Nun ist Christus der Sohn des Vaters, den wir hören sollen, Matth. 17,5. Darum müssen wir ihn als den leben-digen Gott und des himmlischen Vaters Abgesandten hören und seine Ordnung für eine göttliche Ordnung halten. Hingegen kann sich kein Mensch unterstehen, in diesem Testament des Sohnes Gottes etwas zu ändern, zuzusetzen oder abzubrechen, und wenn der Papst sich dessen anmaßt, so bezeugt er sich als der Widerchrist, denn er Christi Testament, ihm zuwider, ändert und aufhebt, welches doch kein ehrlicher Mensch dem andern zu tun pflegt. „Ein Testament wird fest durch den Tod des, der es gemacht hat“, Hebr. 9,17.; „verachtet man doch eines Menschen Testament nicht und tut auch nichts dazu“, Galat. 3,15.

 

668. Zum fünften: die Mittelsperson, welche dies Sakrament handelt. Hiebei sind drei Fragen zu erörtern:

1) was für Personen zu Verrichtung dieses Sakraments sollen gebraucht wer-den? Darauf ist die Antwort: der Herr Christus hat seine Apostel zu Haushaltern über seine Geheimnisse gesetzt, 1 Kor. 4,1. Darum gebührt den ordentlichen Lehrern der Kirche, dass sie auch dieses Werk als ein Stück ihres Amts ver-richten, und weil dabei nicht ein solcher Notfall ist, wie bei der Taufe, so soll man andere Personen dazu nicht gebrauchen, dessen auch kein Befehl oder Exempel vorhanden.

 

669. 2) weil es sich begibt, dass etwa ein Diener göttlichen Worts an einem solchen Ort lebt, da er sich allein im Kirchenamt befindet, ob derselbe Prediger, wenn er des Herrn Abendmahl gebrauchen will sich an einen andern Ort zu einem Prediger begeben und von ihm das Sakrament empfangen müsse. Antwort: am besten ists, wenn ein Prediger der Communion halben sich zu seiner Gemeine hält. Denn wie er sich von seiner Gemeine nicht entfernt, dass er Predigt höre, sondern er predigt ihm auch selber, also mag er ihm selber das Sakrament reichen, in Betracht, a. dass nirgend befohlen, es von einem andern zu nehmen. Denn wenn der Herr Christus befiehlt: nehmet und esset, so ist nicht notwendig, dass mans aus einer andern Hand empfangen und nehmen müsst, wie die Kinder Israel auch das Manna nahmen, da es doch nicht einem jeglichen von andern in die Hände oder in den Mund gegeben wurde. b. So hat vermutlich der Herr Christus das Brot wie auch den Kelch seinen Jüngern in die Hand gegeben, die es also ihnen selber zum Mund gebracht haben. Welches denn derjenige auch tut, der das Abendmahl nach Christi Ordnung und also gleichsam aus des Herrn Christi Händen empfähet und ihm selber aneignet. c. Auch ist sonst keine erhebliche Ursach, um derwillen eine solche Communion nicht möchte als giltig zugelassen und verstattet werden.

 

670. 3) ob eine solche Kommunion, da der Prediger das gesegnete Brot und Kelch ihm selber reicht, an den Orten zulässig sei, da auch bei einem Altar mehr als eine Person aufwarten. Antwort: weil solches, ob ein Prediger ihm selber das Sakrament reicht oder von einem andern empfähet, dem Sakrament weder an seiner Substanz und Vollkommenheit noch an seiner Frucht das wenigste be-nimmt, so ist dasselbe ein adiaphorum und frei Mittelding, darin die Kirche nach ihrem Gefallen ordnen kann. Wenn demnach eine Gemeine ihr den Brauch gefallen lässt, ihn angenommen und viel Jahr behalten hat, dass der Prediger wie andere Kommunikanten das Abendmahl aus seines Kollegen Hand empfähet, so ist dasselbe recht und Christi Einsetzung gemäß; hält sie aber die andere Ge-wohnheit, dass der Prediger sich selber kommuniziere, so ists auch nicht zu verwerfen, als womit Christi Einsetzung und des Sakraments heilsamem Ge-brauch ganz nichts abgeht.

 

671. Zum sechsten: die Kommunikanten; welche das Sakrament empfangen, wie auch welchen es solle gereichet werden. Zweierlei ist hier zu fragen; eines: wer das heil. Sakrament empfahe, wenn er hinzu gehet. Davon also zu halten: zweierlei Personen stellen sich hiebei ein, Würdige und Unwürdige. Es ist nun zwar das Abendmahl nicht dazu eingesetzt, dass es von Unwürdigen solle ge-braucht werden, auch macht Gott niemand unwürdig. Jedoch, wie auch Un-würdige konnten die Beschneidung empfangen und das Osterlamm essen, wiewohl sie der daran hängenden geistlichen Wohltaten im Werk nicht teilhaftig wurden; also werden auch die, so sich selber nicht recht geprüft haben, des heil. Abendmahls und also beides des Brots und Weins und dann des Leibes und Blutes Christi teilhaftig, wiewohl ihnen zum Tod und zum Gericht. Solches ist also zu beweisen:

 

672. 1) weil der Herr Christus unter seinen Jüngern den unwürdigen Judas hatte und doch keinen Unterschied machte, sondern zu allen gesprochen hat: nehmet, esset, das ist mein Leib etc.; trinket, das ist mein Blut. Darum hat er nicht allein den Würdigen, sondern auch dem unwürdigen Judas seinen Leib und Blut ge-reicht. Damit aber nicht jemand zweifle, ob Judas beim Abendmahl gewesen, so besehe man die Historie, beschrieben Matth. 26,25. Mark. 14,21.22., insonder-heit Luk. 22,19.20.21. Denn nachdem Lukas die Stiftung des Abendmahls erzählt hatte, setzt er des Herrn Christi Wort alsbald darauf: siehe die Hand meines Verräters ist mit mir über Tische etc.

 

673. 2) weil die Unwürdigen des ganzen Sakraments teilhaftig werden. Denn sonst bestünde a. das Sakrament nicht auf dem Willen des Stifters, sondern auf des Menschen Glauben und Würdigkeit; b. wo der Glaube nicht ist, da könnte auch sodann das Sakrament nicht sein. Solches aber ist dem apostolischen Spruch zuwider: „soll ihr Unglaube Gottes Glauben aufheben? das sei ferne“, Röm. 3,3. Auch empfingen die Unwürdigen entweder ganz nichts vom Sakrament oder nur das halbe Sakrament. Beides ist ungereimt.

 

674. 3) weil in andern heiligen Handlungen Gottes desgleichen geschieht. Die Unwürdigen und Halsstarrigen hören das göttliche Wort ganz und vollkommen sowohl als die Würdigen; die Unwürdigen empfangen die ganze Taufe; sie haben empfangen die ganze Beschneidung; sie haben das Osterlamm ganz und völlig nicht weniger als die Würdigen gegessen; die Unwürdigen sowohl als andere empfingen das Blut des Testaments, so auf sie gesprengt wurde, 2 Mose 24,8. Warum sollten sie denn das Abendmahl nicht auch völlig empfangen?

 

675. 4) weil die Unwürdigen auch essen von dem Brot, welches eine Gemein-schaft ist des Leibes Christi; sie werden des Kelchs teilhaftig, der eine Gemein-schaft ist des Blutes Christi (1 Kor. 10,16.). Denn hievon spricht der Apostel also: „wer unwürdig von diesem Brot isset oder von dem Kelch des Herrn trinket“ etc., 1 Kor. 11,27. „Der Mensch prüfe sich selbst und also esse er von diesem Brot und trinke von diesem Kelch. Denn welcher unwürdig isset und trinket“ etc., v. 28.29. Daraus ist zu schließen: wer von dem Brot isset, welches ist eine Gemein-schaft des Leibes Christi, der empfähet nicht nur Brot, sondern auch Christi Leib. Die Unwürdigen essen von dem Brot, welches eine Gemeinschaft ist des Leibes Christi, darum empfahen die Unwürdigen nicht nur Brot, sondern auch Christi Leib.

 

676. 5) weil die Unwürdigen mit dem Essen und Trinken schuldig werden an Christi Leib darum, dass sie des Herrn Leib nicht unterscheiden; 1 Kor. 11,27: „welcher unwürdig von diesem Brot isset oder von dem Kelch des Herrn trinket, der ist schuldig an dem Leib und Blut des Herrn“; v. 29: „welcher unwürdig isset und trinket, der isset und trinket ihm selber das Gericht damit, dass er nicht unterscheidet den Leib des Herrn“. Wer Christi Leib nicht isst und sein Blut nicht trinkt, der wird durch unwürdiges Essen und Trinken nicht schuldig an Christi Leib, er bedarf auch nicht denselben zu unterscheiden. Die Unwürdigen werden durch Essen schuldig am Leib Christi und haben von nöten ihn zu unterscheiden, darum essen und trinken die Unwürdigen den Leib und das Blut des Herrn.

 

677. Die andere Frage: was für Leuten dieses Sakrament solle gereicht werden. Es ist das Nachtmahl für alle Menschen angestellt, als für die allesamt Christi Leib dahin gegeben und sein Blut vergossen worden. Jedoch wird erfordert, dass sie es nach Christi Ordnung gebrauchen würdiglich, zum Leben und nicht zum Gericht, sollen deswegen sich selber zuvor prüfen, 1 Kor. 11,28.; ob sie im Glauben sein, 2 Kor. 13,5.; ob sie des Herrn Tod würdiglich mögen verkündigen etc. Wer das tut, der kann sich dieser Mahlzeit gebrauchen, wenn er will. Aber von dieser Bereitung wird hernach weiter zu gedenken sein.

 

678. Also sind diejenigen nicht dazu zu lassen, die es nach Christi Ordnung nicht können empfangen, oder von denen kund ist, dass sie sich solcher Maßen nicht prüfen; es werden demnach etliche verhindert entweder durch natürliche, oder durch andere zukommende Hindernisse. Natürliche Hindernisse sind zweierlei; eines, der Mangel des Verständnisses, welcher sich befindet bei kleinen Kindern, die sich selber nicht können prüfen, auch nicht des Herrn Tod verkündigen; desgleichen bei denen, welche zwar zum Alter kommen aber am Verstand also geschwächt sind, dass sie nicht können unterrichtet werden, sich selber zu prüfen und des Herrn Tod zu verkündigen.

 

679. Das andere ist der Widerwille, so den Wein nicht trinken lässt. Dieser findet sich etwa bei Leuten, jedoch selten; und wo auch schon jemanden des Weins Gebrauch widerstünde, mag er sich doch so viel überwinden, dass er ein solches weniges nehme, wie bei dem Gebrauch des Abendmahls genugsam ist. Wollte dieses einem zu tun auch unmöglich sein, alsdann sieht er selber, dass ihn die Natur vom gänzlichen Gebrauch des Abendmahls abhält, weil Christus nicht verordnet, allein das Brot zu empfahen, und kein Mensch sich unterfangen darf, eine solche Änderung anzustellen, dass ihm allein Brot gereicht werde. Jedoch ist ihm dieser Mangel an seiner Seligkeit nicht schädlich, sintemal das geistliche Essen und Trinken des Leibes und Blutes Christi, so durch den Glauben ge-schieht, ihn zu der ewigen Seligkeit genugsam befördern kann, Joh. 6,51.

Die hinzukommenden Hindernisse sind dreierlei:

 

680. 1) der Unglaube. Denn wo der Glaube nicht ist, da prüft sich auch der Un-gläubige nicht, ob er im Glauben sei; wozu ihm des Herrn Christi Tod diene; wie er denselben verkündigen müsse etc. Darum würde er das Sakrament unwürdig und zum Gericht empfahen und ist also nicht dazu zu lassen.

 

681. 2) die Ketzerei. Was vom Unglauben gesagt ist, soll auch von der Ketzerei verstanden werden, weil die Ketzerei den Glauben verkehrt, 1 Tim. 1,19. Kap. 4,1. 2 Tim. 2,18. Wo sich nun befindet, dass ein Mensch den rechten selig-machenden Glauben nicht hat, da kann auch das Sakrament würdiglich nicht gebraucht werden, zu geschweigen, dass das Abendmahl ein Kennzeichen ist, dadurch man sich zu dem Glauben bekennt, welcher an demselben Ort öffentlich gelehrt wird, welches ein Ketzer nicht tut. Über das, wenn wir einen, der die rechte Lehre nicht hat, nicht grüßen mögen, auch nicht ins Haus nehmen sollen, 2 Joh. v. 10.11.; wie viel weniger dürfen wir ihn an des Herrn Tisch setzen und ihn der himmlischen Mahlzeit neben uns teilhaftig machen?

 

682. 3) die öffentlichen Sünden, welche wider das Gewissen begangen werden, von denen ein Mensch nicht gedenkt abzustehen noch ernstliche Buße zu tun, sondern bleibt im Vorsatz, sie weiter fortzubegehen. Wer hiemit behaftet ist, der erkennt nicht das teure Verdienst Christi, er ist irdisch gesinnt und demnach ein Feind des Kreuzes Christi, Phil. 3,18.19.; er prüft sich selber nicht, weil er seine Sünde nicht sieht, er nimmt seine Zuflucht zu Christo nicht, sondern kreuzigt ihn von neuem, Hebr. 6,6. Kap. 10,29. Wenn nun ein solcher unwürdig ist, dass man mit ihm eine gemeine Mahlzeit halte (1 Kor. 5,11: „so jemand ist, der sich lässet einen Bruder nennen, und ist ein Hurer oder ein Geiziger oder ein Abgöttischer oder ein Lästerer oder ein Trunkenbold oder ein Räuber, mit demselbigen sollt ihr auch nicht essen“), so ist er vielmehr an des Herrn Tisch ein unwürdiger Gast, der dazu nicht mag gelassen werden.

 

683. Zum siebenten: die Materie oder dasjenige, was uns in diesem Sakrament verordnet und zu empfangen dargereicht wird. Solches ist zweierlei, irdisches und himmlisches. Das irdische, so uns gereicht wird, ist Brot und Wein. Das Brot betreffend, so meldet die Einsetzung, der Herr Jesus habe Brot genommen, dasselbe gesegnet etc. Dies war ungesäuert Brot, weil die Juden beim Oster-lamm kein anders, denn ungesäuert Brot gebrauchen durften, 2 Mose 12,18.ff. Hierüber hat der Satan unterschiedlichen Streit erregt, deswegen von diesem Brot folgendes zu behalten ist:

 

684. a. alles, was den Namen des Brots recht und eigentlich haben mag, als welches aus Fruchtmehl und Wasser zugerichtet wird, kann zu diesem Sakra-ment gebraucht werden. Also ist darauf nicht zu sehen, ob das Brot gesäuert sei, oder ungesäuert; oder ob es von Roggen oder Weizen gemacht sei; ob es groß, dass etliche davon empfangen können, oder klein, dass jeglicher Kommunikant ein ganzes empfahe; ob es dünne oder dick sei etc. Denn dieses alles sind solche Umstände und Zufälle, welche doch an der Substanz und eigentlichem Wesen des Brots nichts ändern. Ungesäuertes Brot ist sowohl Brot, als ge-säuertes; das dicke ist sowohl Brot, als das dünne, und so fort. Wenn wir demnach in unsern Kirchen dünne Brote, so man Oblaten zu nennen pflegt, gebrauchen, so wird dem Sakrament damit nichts benommen und wir kehren uns nichts dran, dass wir damit angefochten werden, als ob des Herrn Christi Befehl nicht würde nachgegangen. Denn was die eigentliche Materie hat eines rechten natürlichen Brots, nämlich Fruchtmehl und Wasser, welches unter einander gemengt und durch das Feuer gebacken wird, dasselbe ist solch Brot, so ohn Bedenken zum heil. Abendmahl mag gebraucht werden. Das dünne Brot hat die eigentliche Materie eines rechten natürlichen Brots, das unter einander gemengt und durch Feuer gebacken wird; darum ist dasselbe ein solch Brot, so man ohn Bedenken zum heiligen Abendmahl gebrauchen mag.

 

685. b. alles, was nicht kann recht natürlich Brot genannt werden, ist beim heil. Abendmahl nicht zu gebrauchen. Was aus der Bäume Wurzeln, aus Rinden, aus Aschen oder einer Erden, wie die auch zugerichtet werde, gemacht wird, ist eigentlich kein Brot. Wer nun dasselbe in des Herrn Abendmahl gebrauchen wollte, der bräche seine Ordnung, zum wenigsten müsste er allezeit ungewiss bleiben, ob auch dasselbige recht Brot gewesen sei und ob er nicht das Nacht-mahl mit Gebrauch dessen, was Christus nicht befohlen, entheiligt hätte.

 

686. Der Wein ist das andere irdische Stück des Abendmahls. Denn dass Christus den Wein hier verordnet, ist daraus abzunehmen, weil sonst keines andern Getränks, dessen der Herr in der letzten Mahlzeit gebraucht hat, Meldung geschieht, als allein des Weins, Matth. 26,28.29: „das ist mein Blut des neuen Testaments, welches vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden. Ich sage euch, ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Wein-stocks trinken“ etc. Auch ist niemals in Streit gezogen worden, dass der Wein hiezu müsse gebraucht werden. Also will dies Sakrament nicht leiden, dass der Wein mit etwas anderem vermischt, viel weniger an seiner Statt etwas anders gebraucht werde.

 

687. Im Papsttum wird in den Wein vorsätzlich, und dass das Sakrament desto vollkommener sei, Wasser gegossen; ist aber ein Menschengedichte, der Ordnung Christi zuwider. Und ob sich zwar vielfältig zutragen mag, dass in den Wein Wasser gegossen sei, wenn er von Weinschenken abgeholt wird, so benimmt doch dasselbe diesem Werke durchaus nichts; 1) weil der Wein nichts desto weniger Wein bleibt, obschon Wasser drin ist; 2) weil niemand kann gewiss sein, dass unter den Wein des Nachtmahls kein Wasser kommen sei, also männiglich an dem rechten Gebrauch dieses Sakraments zu zweifeln haben würde; 3) weil kein Aberglaube dabei ist, als ob das Wasser müsse im Wein sein, wie im Papsttum geschieht, sondern man nimmt den Wein so gut und rein, als man ihn haben kann; um das andere, so man nicht eben wissen kann, ist niemand bekümmert, könnte auch wohl der Wein, den der Herr Christus selber gebraucht hat, von dem Wirt mit Wasser gemengt gewesen sein.

 

688. Wer in Manglung des Weins oder sonst aus seinem eigenen Sinn etwas anderes, als: Bier, Meth, gekochte, gebrannte und mit Kunst zugerichtete Weine gebrauchen wollte, der nähme nicht, wie Christus getan, das Gewächs des Wein-stocks, hätte also Christi Einsetzung übertreten und sein Abendmahl nicht ge-halten.

 

689. Das himmlische, welches hier gegeben wird, ist der Leib unsers Herrn Jesu Christi, unter und mit dem Brot, und sein Blut, unter und mit dem Wein, uns zu essen und zu trinken dargereicht. Dass sich dieses wahrhaftig also verhalte, wird aus folgenden Gründen dargetan:

 

690. 1) weil der Herr Christus in der ersten Stiftung seinen Leib und Blut den Jüngern zu essen und zu trinken mit diesen Worten befohlen hat: „nehmet, esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; trinket alle daraus, das ist mein Blut des neuen Testaments, das für euch vergossen wird“, Matth. 26,26.28. Mark. 14,22.24. Luk. 22,19.20. 1 Kor. 11,24.25. Aus welchem leichtlich zu ermessen ist, dass Christus, wie er seinen Jüngern hat das Brot gegeben, ihnen auch seinen Leib dargereicht habe; wie er den Kelch dargeboten, so habe er auch sein Blut zugleich gegeben. Jedoch um besserer Richtigkeit willen kann man also schließen: was Christus in dem Darreichen des Brots ausgesprochen und zu essen befohlen hat, das ist gewisslich von ihm gegeben worden. Ursach: wie man im gemeinen Umgang dasjenige gibt, welches man in Darreichung von etwas anderm besonders nennt, also muss Christus hier auch getan haben. Reicht dir jemand einen Becher und spricht: trink, das ist Wein, derselbe reicht ja den Wein mit und in dem Becher dar. Wenn dir der Arzt eine Büchse gibt mit diesen Worten: nimm hin, das ist ein gesunder Trank, eine nützliche Salbe etc., so muss er ja mit und in derselben Büchse dir auch den Trank und die Salbe zustellen. Wer dir einen Beutel reicht und spricht: nimm hin, das sind hundert Thaler, der gibt dir die hundert Thaler zugleich mit und in dem Beutel. Wenn dir der Bauer einen Sack überantwortet, sprechend: das ist Weizen, so muss er dir mit und in dem Sack den Weizen zustellen. Und also ist fast nichts gemeiners im Weltlauf und gemeinere Art zu reden, denn dieses.

 

691. Dergleichen befindet sich in heiliger Schrift und in der Christenheit Geheim-nis auch, als: wenn von Christo gesagt wird: „das Wort ward Fleisch“, Joh. 1,14.; so legts St. Paulus Kol. 2,9. also aus: „in ihm wohnet die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig“.

 

692. Nun hat Christus in Darreichung des Brots ausgesprochen und zu essen befohlen seinen Leib, in Darreichung des Weins zu trinken sein Blut, und eben diese gemeine Art zu reden eigentlich gebraucht; darum hat er seinen Leib und sein Blut zu essen und zu trinken zugleich mit dargereicht.

 

693. Andere suchen hier viel Deutungen und Glossen, vorgebend, diese Worte „das ist mein Leib“ seien nicht zu verstehen, wie sie lauten, sondern durchs Wort „das“ werde allein verstanden das Brot, und das Wörtlein „ist“ heiße so viel als: bedeutet, und sei dies die Meinung: das Brot bedeutet meinen Leib; oder das Wort „Leib“ sei also auszulegen: ein Zeichen meines Leibes, womit der Herr Christus gesagt hätte: das Brot ist ein Zeichen meines Leibes.

 

694. Doch kann uns dieses nichts irren, weil es allein Menschengedanken sind, und die törichte Vernunft könnte wohl mehr erdenken, dadurch wir uns doch von dem Wort nicht abführen lassen. Sicher mögen wir beim Wort bleiben, aber die selbst erdachte Auslegung ist allezeit ungewiss und mag das Gewissen nicht zu Ruhe stellen.

 

695. Über das sind diese Auslegungen in allen Sprachen, auch in heiliger Schrift ganz ungebräuchlich; wie käme dann der Herr Christus darzu, dass er eine neue Art zu reden gebraucht hätte? Insonderheit als er ein Testament stiftete, wo man sich sonst einer klaren, deutlichen und wohlgebräuchlichen Art zu reden zu ge-brauchen pflegt und ein jeglicher dasselbe tun soll, damit nicht durch verworrene Reden die Erben im Streit geraten. Dass solches der Herr Jesus habe tun wollen, kann ihm kein gottseliges Herz zumessen.

 

696. 2) weil der Herr Christus verordnet hat, dass sein Leib mit dem Mund ge-gessen und sein Blut mit dem Mund getrunken werde. Also wird geschlossen: was wir Menschen in dem heiligen Abendmahl mit dem Mund sollen essen und mit dem Mund trinken, dasselbige ist wesentlich zugegen, als ein Materialstück dieser geistlichen Mahlzeit. Wir sollen aber im heil. Abendmahl mit dem Mund essen den Leib des Herrn Christi und mit dem Mund sein Blut trinken, (als her-nach ferner wird dargetan werden). Darum ist des Herrn Christi Leib und sein Blut im Abendmahl wesentlich gegenwärtig als ein Materialstück dieser geist-lichen Mahlzeit.

 

697. 3) weil das Brot des Abendmahls eine Gemeinschaft des Leibes Christi und der Wein eine Gemeinschaft des Blutes Christi ist. Sanct Pauli Worte 1 Kor. 10,15.16. lauten also: „als mit den Klugen rede ich; richtet ihr, was ich sage. Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?“ Hiemit wird außer allen Zweifel gesetzt: a. dass durch den Leib Christi und durch sein Blut nichts anders verstanden werde, denn sein wesentlicher Leib und sein wesentliches Blut, sintemal niemand hier einen geistlichen Verstand beweisen wird; b. dass mit dem Wort „Kelch“ verstanden werde der Wein, so darin ist. Darauf schließe ich also: entweder ist das Brot im Abendmahl eine solche geistliche Gemeinschaft, dass es allein Christi Wohltaten uns zu Gemüt führe, oder aber, es ist eine solche sakramentliche Gemeinschaft, darin der wesentliche Leib des Herrn Christi mit dem Brot dargereicht und empfangen wird.

 

698. Nun ist das Brot nicht eine solche geistliche Gemeinschaft. Denn 1. kann solches nicht bewiesen werden. 2. die geistliche Gemeinschaft geschieht auch außer diesem Sakrament, da doch hier von einer solchen Gemeinschaft geredet wird, die allein in dem Sakrament sein kann. 3. wären solcher Gestalt auch die Opfer im alten Testament eine Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi gewesen, weil sie als Vorbilder die Menschen darauf wiesen, Kol. 2,17. 4. in der geistlichen Gemeinschaft werden Christi Guttaten ergriffen ohne Unterschied des Leibes und Blutes, in dieser aber ist das Brot eine Gemeinschaft nicht des Blutes, sondern des Leibes Christi. Darum ist das Brot nicht eine solche geistliche Ge-meinschaft, wie erwiesen, sondern eine sakramentliche, darin der wesentliche Leib Christi mit dem Brot dargereicht und empfangen wird.

 

699. 4) weil der Unterschied der Sakramente alten und neuen Testaments darin besteht, dass der Herr Christus in jenem allein ist vorgebildet, in diesem aber selber gegenwärtig. Denn also schreibt Sct. Paulus von dem jüdischen Gottes-dienst, dass solcher der Schatten sei von dem, das zukünftig war; aber der Körper selbst sei in Christo, Kol. 2,17. Und Hebr. 8,5.6: „welche (levitischen Priester) dienen dem Vorbilde und dem Schatten der himmlischen Güter; nun aber hat er ein besser Amt erlanget, als der eines bessern Testaments Mittler ist“; Kap. 9,9.ff.: „die erste Hütte musste zur selbigen Zeit ein Vorbild sein, in welcher Gaben und Opfer geopfert wurden, und konnten nicht vollkommen machen nach dem Gewissen den, der da Gottesdienst tut allein mit Speis und Trank und mancherlei Taufe und äußerlicher Heiligkeit, die bis auf die Zeit der Besserung sind aufgelegt. Christus aber ist kommen, dass er sei ein Hoher-priester der zukünftigen Güter, durch eine größere und vollkommnere Hütte, die nicht mit der Hand gemacht ist, auch nicht durch der Böcke und Kälber Blut, sondern er ist durch sein eigen Blut einmal in das Heilige eingegangen und hat eine ewige Erlösung erfunden“; Kap. 10,1: „das Gesetz hat den Schatten von den zukünftigen Gütern, nicht das Wesen der Güter selbst“.

 

700. Hieraus folgt: worin der Unterschied besteht zwischen dem alten und neuen Testament und desselben Sakramenten, dasselbe kann nicht den Sakramenten beiderseits gemein sein. Es besteht aber dieser Unterschied in dem, dass die alten sind Vorbilder, Schatten und Bedeutung gewesen auf Christum, die neuen aber sind nicht Schatten. Darum kann dieses auch den neuen nicht gemein sein, dass sie seien Vor- und Abbildungen, Schatten und Bedeutungen. Ferner: die Sakramente neuen Testaments haben entweder Christum nach seiner Substanz und Wesen gegenwärtig, oder allein in Bedeutungen. Nicht aber haben sie ihn in Bedeutungen, wie jetzt erwiesen; darum haben sie ihn nach seiner Substanz und Wesen gegenwärtig.

 

701. Zum achten: die eigentliche Form und Art, darin dieses Sakrament besteht. Sintemal die Sakramente an ihnen selbst nichts anders sind, denn heilige Handlungen, so muss auch ihr ganzes Wesen in der Handlung, die Christus verordnet und eingesetzt hat, bestehen. Diese Handlungen sind dreierlei: 1) des Predigers, 2) des Herrn Christi, 3) des Kommunikanten.

 

702. Des Predigers Verrichtungen sind eigentlich zwei:

a. die Konsekration, Danksagung oder Segen, so über Brot und Wein geschieht. Als der Herr Christus das Abendmahl wollte einsetzen, nahm er das Brot und dankte, Matth. 26,26. Sct. Paulus nennt es einen Segen, 1 Kor. 10,16: „der gesegnete Kelch, welchen wir segnen“ etc. Was der Herr Christus und hernach die Christen in der ersten Kirche für Worte des Segens gebraucht haben, ist uns unbekannt, darum man sich vergeblich deswegen bemüht. Wir gebrauchen das Vater Unser und die Worte der Einsetzung, nicht, dass diese Danksagung und Gesegnung entweder sei eine bloße ledige historische Erzählung der Einsetzung oder auch eine solche Handlung, da etwa durch Besprechung und Kreuz schlagen Brot und Wein in des Herrn Christi Leib und Blut verwandelt werde; sondern dass durch dieselbe, über Brot und Wein gesprochen, 1. öffentlich vermeldet werde, wie jezo die heilige Handlung solle verrichtet werden; 2. dass Brot und Wein vom gemeinen Gebrauch abgesondert und zu diesem besondern Gebrauch verordnet werden; 3. dass der Herr Christus seiner einmal geschehe-nen Einsetzung erinnert werde und zugleich gebeten, dass er auch diesmal den Kommunikanten seinen Leib und Blut darreichen wolle; 4. dass der Tod des Herrn, für uns geschehen, verkündiget werde.

 

703. b. die andere Handlung des Predigers ist die Austeilung, als welche dazu nötig ist, dass viele dieser Mahlzeit teilhaftig werden, auch alles ordentlich und ehrlich zugehe. Wenn nun diese Teilung also geschieht, dass alle und jede Kommunikanten das gesegnete Brot und Wein in seiner Ordnung und mit gebührender Ehrerbietung empfangen, alsdann ist diesem Werk genug ge-schehen. Und es wird daran nicht geirrt, 1) wenn man dem Kommunikanten das Brot und Kelch in die Hand gibt, wie vermutlich ist, dass es der Herr Christus getan habe; 2) wenn es dem Kommunikanten zum Mund gereicht wird, weil dasselbe auch heißt: nehmen, davon hernach. Diese ganze Verrichtung aber hebt die Messe auf, in der der Priester allein Brot und Wein empfähet, andere müssen zusehen und wird keinem davon das wenigste gereicht.

 

704. Diesen erzählten Handlungen des Predigers wollen etliche noch zwei andere zulegen, das Brotbrechen und die Messe;

Das Brotbrechen, weil der Herr Christus im ersten Abendmahl und hernach die Christen in der ersten Kirche das Brot gebrochen haben. Es verhält sich aber damit also: das Abendmahl ist gestiftet worden, als der Herr Jesus das Oster-lamm mit seinen Jüngern aß, da ungesäuert Brot auf dem Tisch lag, davon man zum Osterlamm gegessen hat. Weil denn der Herr das Brot wollte austeilen und doch ihm nicht besonderes Brot zurichten ließ, welches er ohne Brechen hätte austeilen können, so hat er das Brot gebrochen um der darauf folgenden Aus-teilung willen. Nicht anderer Ursach halben ist auch in der ersten Kirche das Brot gebrochen worden. Denn weil sie gemein Speisebrot dazu nahmen, mussten sie es brechen, damit sie es konnten austeilen. Wo nun dergleichen Speisebrot gebraucht wird, (wie solches in christlicher Freiheit steht,) daselbst ist das Brechen von nöten, aber keiner andern Ursach halben, denn dass mans könne austeilen. Wo aber zu Verrichtung des Abendmahls solch Brot genommen wird, welches man ohne Brechen austeilen mag, (das denn abermal in christlicher Freiheit steht,) da ist das Brechen nicht nötig, sondern ein freiwillig Ding, so fern es nur ohne Aberglauben geschieht.

 

705. Wenn demnach vorgegeben wird, als ob das Brotbrechen nötig wäre zur Fürbildung des ertöteten Leibes des Herrn Christi, am Kreuz geschehen, so geben wir diese zwiefältige Antwort: Wer da lehret, diese Handlung sei zum Sakrament nötig, der muss die Notwendigkeit beweisen, welches aus dem Grund nicht geschehen kann, als hätte sie der Herr Christus befohlen mit diesen Worten: solches tut. Denn es ja klar genug ist, dass er allein den Jüngern ge-boten habe, forthin das zu tun, was er damals in der ersten Handlung zu tun befohlen, nämlich das Essen und Trinken. Damit ist zugleich dasjenige befohlen, ohne welches das Essen und Trinken nicht geschehen kann, dahin das Brot-brechen nicht mag gezählt werden.

 

706. Ferner dass das Brotbrechen beim Abendmahl nötig sei wegen der Bedeu-tung des gebrochenen Leibes, glauben wir nicht, weil solches 1. nicht erwiesen ist, denn es schreiben davon weder die Evangelisten, noch St. Paulus ein einiges Wort. 2. Es müsste der Wein auch ausgegossen werden, die Vergiessung des Bluts Christi abzubilden. Wie aber dieses ohne Not ist, also ist das Brotbrechen auch nicht nötig. 3. Die Figuren und Vorbilder, so auf Christum gedeutet, haben mit seiner Zukunft aufgehört; wo nun das Brotbrechen eine solche Bedeutung haben sollte, würden die Vorbilder wieder hergebracht, welches der Natur des neuen Testaments stracks zuwider ist. 4. Außer Zweifel ists, dass das Oster-lamm, welches geschlachtet und mit seinem Blut die Türpfosten und Schwellen besprengt wurden, viel ein klarers und deutlichers Vorbild auf Christi Kreuzigung gewesen sei, als das Brotbrechen im Abendmahl sein kann. Wenn nun Christus uns hätte wollen ein Vorbild seines Todes verordnen und zu dem Ende das Brotbrechen eingesetzt, hingegen das Osterlamm abgeschafft, so hätte er das klare und eigentliche Bild abgeschafft und an dessen Statt ein dunkleres wieder-gegeben, welches an ihm selber ungereimt und der Art des neuen Testaments nicht gemäß ist.