Der zweite Teil


Von dem Glauben


Bisher haben wir gehört das erste Stück christlicher Lehre und darin gesehen alles, was Gott von uns will getan und gelassen haben. Darauf folgt nun billig der Glaube, der uns vorlegt alles, was wir von Gott gewarten und empfangen müssen, und aufs kürzeste zu reden, ihn ganz und gar erkennen lehrt. Welches eben dazu dienen soll, dass wir dasselbige tun können, so wir laut der zehn Gebote tun sollen. Denn sie sind (wie droben gesagt) so hoch gestellt, dass aller Menschen Vermögen viel zu gering und schwach ist, dieselbigen zu halten. Darum ist dies Stück ja so nötig als jenes zu lernen, dass man wisse, wie man dazu komme, woher und wodurch solche Kraft zu nehmen sei. Denn so wir könnten aus eigenen Kräften die zehn Gebote halten, wie sie zu halten sind, bedurften wir nichts weiter, weder Glauben noch Vaterunser. Aber ehe man solchen Nutzen und Not des Glaubens ausstreicht, ist genug erstlich für die gar Einfältigen, dass sie den Glauben an ihm selbst fassen und verstehen lernen. Aufs erste hat man bisher den Glauben geteilt in zwölf Artikel, wiewohl, wenn man alle Stücke, so in der Schrift stehen und zum Glauben gehören, einzeln fassen sollte, gar viel mehr Artikel sind, auch nicht alle deutlich mit so wenig Worten mögen ausgedrückt werden. Aber dass mans aufs leichteste und einfältigste fassen könnte, wie es für die Kinder zu lehren ist, wollen wir den ganzen Glauben kürzlich fassen in drei Hauptartikel nach den drei Personen der Gottheit, dahin alles, was wir glauben, gerichtet ist. Also dass der erste Artikel von Gott dem Vater erkläre die Schöpfung; der andere von dem Sohn die Erlösung; der dritte von dem heiligen Geist die Heiligung. Als wäre der Glaube aufs allerkürzeste in so viel Worte gefaßt: ich glaube an Gott Vater, der mich geschaffen hat; ich glaube an Gott den Sohn, der mich erlöst hat; ich glaube an den heiligen Geist, der mich heilig macht. Ein Gott und Ein Glaube, aber drei Personen, darum auch drei Artikel oder Bekenntnisse. So wollen wir nun kürzlich die Worte überlaufen.


Der erste Artikel

Ich glaube an Gott den Vater, allmächtigen, Schöpfer Himmels und der Erden


Da ist aufs allerkürzeste gemalt und vorgebildet, was Gottes des Vaters Wesen, Wille, Tun und Werk sei. Denn weil die zehn Gebote haben vorgehalten, man solle nicht mehr denn Einen Gott haben, möchte man nun fragen: Was ist denn Gott für ein Mann? Was tut er? Wie kann man ihn preisen oder abmalen und beschreiben, dass man ihn kenne? Das lehrt nun dieser und folgende Artikel; also dass der Glaube nichts anders ist denn eine Antwort und Bekenntnis der Christen, auf das erste Gebot gestellt. Als wenn man ein junges Kind fragte: Lieber, was hast du für einen Gott? Was weißt du von ihm? dass es könnte sagen: Das ist mein Gott: zum ersten der Vater, der Himmel und Erde geschaffen hat. Außer diesem einigen halte ich nichts für Gott, denn sonst keiner ist, der Himmel und Erde schaffen könnte. Für die Gelehrten aber und die etwas läuftig sind, kann man die Artikel alle drei weit ausstreichen und teilen in so viel Stücke, als es Worte sind. Aber jetzt für die jungen Schüler sei genug, das Nötigste anzuzeigen, nämlich, wie gesagt, dass dieser Artikel belangt die Schöpfung, dass man stehe auf dem Wort „Schöpfer Himmels und Erden“. Was ist nun gesagt oder was meinst du mit dem Wort: Ich glaube an Gott Vater, allmächtigen, Schöpfer etc.? Antwort: Das meine und glaube ich, dass ich Gottes Geschöpf bin, das ist, dass er mir gegeben hat und ohne Unterlass erhält Leib, Seele und Leben, Gliedmaßen klein und groß, alle Sinne, Vernunft und Verstand, und so fortan Essen und Trinken, Kleider, Nahrung, Weib und Kind, Gesinde, Haus und Hof etc., dazu alle Kreatur zu Nutz und Notdurft des Lebens dienen lässt, Sonne, Mond und Sterne am Himmel, Tag und Nacht, Luft, Feuer, Wasser, Erde und was sie trägt und vermag, Vogel, Fisch, Tier, Getreide und allerlei Gewächs. Item was mehr leibliche und zeitliche Güter sind: gut Regiment, Friede, Sicherheit. Also dass man aus diesem Artikel lerne, dass unser keiner das Leben noch alles, was jetzt aufgezählt ist und aufgezählt mag werden, von sich selbst hat noch erhalten kann, wie klein und gering es ist; denn es alles gefasst ist in das Wort „Schöpfer“. Darüber bekennen wir auch, dass Gott der Vater nicht allein solches alles, was wir haben und vor Augen sehen, uns gegeben hat, sondern auch täglich vor allem Übel und Unglück behütet und beschützt, allerlei Fährlichkeit und Unfall abwendet, und solches alles aus lauter Liebe und Güte, durch uns unverdient, als ein freundlicher Vater, der für uns sorgt, dass uns kein Leid widerfahre. Aber davon weiter zu sagen gehört in die andern zwei Stücke dieses Artikels, da man spricht: Vater, allmächtigen. Hieraus will sich nun selbst schließen und folgen: Weil uns das alles, so wir vermögen, dazu was im Himmel und Erde ist, täglich von Gott gegeben, erhalten und bewahrt wird, so sind wir ja schuldig, ihn darum ohne Unterlass zu lieben, loben und danken und kürzlich ihm ganz und gar damit zu dienen, wie er durch die zehn Gebote fordert und befohlen hat. Hier wäre nun viel zu sagen, wenn mans sollte ausstreichen wie wenig ihrer sind, die diesen Artikel glauben. Denn wir gehen alle überhin, hörens und sagens, sehen aber und bedenken nicht, was uns die Worte vortragen. Denn wo wirs von Herzen glaubten, würden wir auch darnach tun und nicht so stolz hergehen, trotzen und uns brüsten, als hätten wir das Leben, Reichtum, Gewalt und Ehre etc. von uns selbst, dass man uns fürchten und dienen müsste, wie die unselige, verkehrte Welt tut, die in ihrer Blindheit ersoffen ist, aller Güter und Gaben Gottes allein zu ihrer Hoffart, Geiz, Lust und Wohltagen missbraucht und Gott nicht einmal ansähe, dass sie ihm dankte oder für einen Herrn und Schöpfer erkennte. Darum sollte uns dieser Artikel alle demütigen und erschrecken, wo wirs glaubten. Denn wir sündigen täglich mit Augen, Ohren, Händen, Leib und Seele, Geld und Gut und mit allem, das wir haben, sonderlich diejenigen, so noch wider Gottes Wort fechten. Doch haben die Christen den Vorteil, dass sie sich des schuldig erkennen, ihm dafür zu dienen und gehorsam zu sein. Derhalben sollen wir diesen Artikel täglich üben, einprägen und uns erinnern in allem, was uns vor Augen kommt und Gutes widerfährt; und wo wir aus Nöten und Fähr-lichkeiten kommen, wie uns Gott solches alles gibt und tut, dass wir daran spüren und sehen sein väterliches Herz und überschwengliche Liebe gegen uns, davon würde das Herz erwarmen und entzündet werden, dankbar zu sein und aller solcher Güter zu Gottes Ehren und Lob zu brauchen. Also haben wir aufs kürzeste die Meinung dieses Artikels, soviel den Einfältigsten erstlich not ist zu lernen, beide, was wir von Gott haben und empfangen und was wir dafür schuldig sind; welches gar eine große, treffliche Erkenntnis ist, aber ein viel höherer Schatz. Denn da sehen wir, wie sich der Vater uns gegeben hat samt allen Kreaturen und aufs allerreichlichste in diesem Leben versorget, ohne dass er uns sonst auch mit unaussprechlichen ewigen Gütern durch seinen Sohn und heiligen Geist überschüttet, wie wir hören werden.


Der zweite Artikel

Und an Jesum Christum, seinen einzigen Sohn, unsern Herrn, der empfangen ist vom heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontio Pilato, gekreuzigt, gestorben und begraben, niedergefahren zur Hölle, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren gen Himmel, sitzend zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dannen er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten.


Hier lernen wir die andere Person der Gottheit kennen, dass wir sehen, was wir über die vorigen zeitlichen Güter von Gott haben, nämlich wie er sich ganz und gar ausgeschüttet hat und nichts behalten, das er nicht uns gegeben habe. Dieser Artikel ist nun sehr reich und weit, aber dass wirs auch kurz und kindlich handeln, wollen wir ein Wort vor uns nehmen und darin die ganze Summa davon fassen, nämlich (wie gesagt) dass man heraus lerne, wie wir erlöst sind, und soll stehen auf diesen Worten: an Jesum Christum unsern HERRN. Wenn man nun fragt: Was glaubst du im andern Artikel von Jesu Christo? antworte aufs kürzeste: Ich glaube, dass Jesus Christus, wahrhaftiger Gottessohn, sei mein HERR worden. Was ist nun das: „ein Herr werden“? Das ists, dass er mich erlöst hat von Sünde, vom Teufel, vom Tode und allem Unglück. Denn zuvor habe ich keinen Herrn noch König gehabt, sondern bin unter des Teufels Gewalt gefan-gen, zu dem Tode verdammt, in der Sünde und Blindheit verstrickt gewesen. Denn da wir geschaffen waren und allerlei Gutes von Gott dem Vater empfangen hatten, kam der Teufel und brachte uns in Ungehorsam, Sünde, Tod und alles Unglück, dass wir in seinem Zorn und Ungnade lagen, zu ewiger Verdammnis verurteilt, wie wir verwirkt und verdient hatten. Da war kein Rat, Hülfe noch Trost, bis dass sich dieser einzige und ewige Gottessohn unsers Jammers und Elends aus grundloser Güte erbarmte und vom Himmel kam, uns zu helfen. Also sind nun jene Tyrannen und Stockmeister alle vertrieben, und ist an ihre Statt getreten Jesus Christus, ein Herr des Lebens, Gerechtigkeit, alles Gutes und Seligkeit, und hat uns arme verlorne Menschen aus der Hölle Rachen gerissen, gewonnen, frei gemacht und wiedergebracht in des Vaters Huld und Gnade und als sein Eigentum unter seinen Schirm und Schutz genommen, dass er uns regiere durch seine Gerechtigkeit, Weisheit, Gewalt, Leben und Seligkeit. Das sei nun die Summa dieses Artikels, dass das Wörtlein „HERR“ aufs einfältigste soviel heiße als ein Erlöser, das ist der uns vom Teufel zu Gott, vom Tode zum Leben, von Sünde zur Gerechtigkeit gebracht hat und dabei erhält. Die Stücke aber, so nacheinander in diesem Artikel folgen, tun nichts anders, denn dass sie solche Erlösung erklären und ausdrücken, wie und wodurch sie geschehen sei; das ist, was ihn gestanden und was er daran gewendet und gewagt hat, dass er uns gewönne und zu seiner Herrschaft brächte; nämlich dass er Mensch geworden, von dem heiligen Geist und der Jungfrau ohne alle Sünde empfangen und geboren, auf dass er der Sünde Herr wäre, dazu gelitten, gestorben und begraben, dass er für mich genug täte und bezahlte, was ich verschuldet habe, nicht mit Silber noch Gold, sondern mit seinem eigenen teueren Blute. Und dies alles darum, dass er mein HERR würde, denn er für sich der keines getan noch bedurft hat. Darnach wieder aufgestanden, den Tod verschlungen und gefressen. Und endlich gen Himmel gefahren und das Regiment genommen zur Rechten des Vaters, dass ihm Teufel und alle Gewalt muss untertan sein und zu Füßen liegen, so lang bis er uns endlich am jüngsten Tage gar scheide und sondere von der bösen Welt, Teufel, Tod, Sünde etc. Aber diese einzelnen Stücke alle sonderlich auszustreichen gehört nicht in die kurze Kinderpredigt, sondern in die große Predigt über das ganze Jahr, sonderlich auf die Zeiten, so dazu geordnet sind, einen jeglichen Artikel in die Länge zu handeln, von der Geburt, Leiden, Auferstehen, Himmelfahrt Christi etc. Auch steht das ganze Evangelium, so wir predigen, darauf, dass man diesen Artikel wohl fasse, als an dem alle unser Heil und Seligkeit liegt, und so reich und weit ist, dass wir immer genug daran zu lernen haben.


Der Dritte Artikel

Ich glaube an den heiligen Geist, eine heilige, christliche Kirche, die Gemeinde der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches und ein ewiges Leben. Amen


Diesen Artikel kann ich nicht besser erörtern denn, wie gesagt, von der Heiligung, dass dadurch der heilige Geist mit seinem Amt ausgedrückt und abgemalt werde, nämlich dass er heilig macht. Darum müssen wir fußen auf dem Wort HEILIGER GEIST, weil es so kurz gefasst ist, dass man kein anderes haben kann. Denn es sind sonst mancherlei Geister in der Schrift, als Menschengeist, himmlische Geister und böse Geister. Aber Gottes Geist heißt allein ein heiliger Geist, das ist, der uns geheiligt hat und noch heiligt. Denn wie der Vater ein Schöpfer, der Sohn ein Erlöser heißt, so soll auch der heilige Geist von seinem Werk ein Heiliger oder Heiligmacher heißen. Wie geht aber solches Heiligen zu? Antwort: Gleichwie der Sohn die Herrschaft überkommt, dadurch er uns gewinnt durch seine Geburt, Sterben und Auferstehen etc., also richtet der heilige Geist die Heiligung aus durch die folgenden Stücke, das ist durch die Gemeinde der Heiligen oder christliche Kirche, Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben, das ist, dass er uns ernstlich führt in seine heilige Gemeinde und in der Kirche Schoß legt, dadurch er uns predigt und zu Christo bringt. Denn weder du noch ich könnten nimmermehr etwas von Christo wissen noch an ihn glauben und zum Herrn kriegen, wo es nicht durch die Predigt des Evangelii von dem heiligen Geist würde angetragen und uns in den Busen geschenkt. Das Werk ist geschehen und ausgerichtet, denn Christus hat uns den Schatz erworben und gewonnen durch sein Leiden, Sterben und Auferstehen etc. Aber wenn das Werk verborgen bliebe, dass niemand wüsste, so wäre es umsonst und verloren. Dass nun solcher Schatz nicht begraben bliebe, sondern angelegt und genossen würde, hat Gott das Wort ausgehen und verkünden lassen, darin den heiligen Geist gegeben, uns solchen Schatz und Erlösung heimzubringen und zuzueignen. Darum ist das Heiligen nicht anders denn zu dem HERRN Christo bringen, solches Gut zu empfangen, dazu wir von uns selbst nicht kommen könnten. So lerne denn diesen Artikel aufs deutlichste verstehen. Wenn man fragt: Was meinst du mit den Worten: ich glaube an den heiligen Geist? dass du könntest antworten: Ich glaube, dass mich der heilige Geist heilig macht, wie sein Name ist. Womit tut er aber solches, oder was ist seine Weise und Mittel dazu? Antwort: durch die christliche Kirche, Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben. Denn zum ersten hat er eine sonderliche Gemeinde in der Welt, welche ist die Mutter, so einen jeglichen Christen zeugt und trägt durch das Wort Gottes, welches er offenbart und treibt, die Herzen erleuchtet und anzündet, dass sie es fassen, annehmen, daran hangen und dabei bleiben. Denn wo ers nicht predigen lässt und im Herzen erweckt, dass mans fasst, da ists verloren, wie unter dem Papsttum geschehen ist, da der Glaube ganz unter die Bank gesteckt, niemand Christum für einen Herrn erkannt hat noch den heiligen Geist für den, der da heilig macht; das ist, niemand hat geglaubt, dass Christus also unser Herr wäre, der uns ohne unser Werk und Verdienst solchen Schatz gewonnen hätte, und uns dem Vater angenehm gemacht. Woran hat es denn gemangelt? Daran, dass der heilige Geist nicht ist da gewesen, der solches hätte offenbart und predigen lassen, sondern Menschen und böse Geister sind da gewesen, die uns gelehrt haben, durch unsere Werke selig zu werden und Gnade erlangen. Darum ist es auch keine christliche Kirche. Denn wo man nicht von Christo predigt, da ist kein heiliger Geist, welcher die christliche Kirche macht, beruft und zusammenbringt, außer welcher niemand zu dem Herrn Christo kommen kann. Das sei genug von der Summa dieses Artikels. Weil aber die Stücke, so darin aufgezählt, für die Einfältigen nicht so klar sind, wollen wir sie überlaufen. Die heilige christliche Kirche heißt der Glaube Communionem sanctorum, eine Gemeinschaft der Heiligen; denn es ist beides einerlei zusammengefasst, aber vorzeiten das eine Stück nicht dabei gewesen; ist auch übel und unverständlich verdeutscht eine „Gemeinschaft der Heiligen“. Wenn mans deutlich geben sollte, müsste mans auf deutsche Art gar anders reden. Denn das Wort Ecclesia heißt eigentlich auf deutsch eine Versammlung. Wir sind aber gewohnt des Wörtleins „Kirche“, welches die Einfältigen nicht von einem versammelten Haufen, sondern von dem geweihten Haus oder Gebäude verstehen; wiewohl das Haus nicht sollte eine Kirche heißen, ohne allein darum, dass der Haufe darin zusammenkommt. Denn wir, die zusammenkommen, machen und nehmen uns einen sonderlichen Raum und geben dem Haus nach dem Haufen einen Namen. Also heißt das Wörtlein Kirche eigentlich nicht anders denn eine „gemeine Sammlung“, und ist von Art nicht deutsch, sondern griechisch (wie auch das Wort Ecclesia), denn sie heißens auf ihre Sprache Kyria, wie mans lateinisch Curiam nennt. Darum sollts auf recht deutsch und unsere Muttersprache heißen eine „christliche Gemeine“ oder „Sammlung“, oder aufs allerbeste oder klarste eine „heilige Christenheit“. Also auch das Wort Communio, das daran gehängt ist, sollte nicht Gemeinschaft, sondern „Gemeine“ heißen. Und ist nicht anders denn die Glosse oder Aus-legung, da jemand hat wollen deuten, was die christliche Kirche heiße; dafür haben die Unsern, so weder lateinisch noch deutsch gekonnt haben, gemacht „Gemeinschaft der Heiligen“, so doch keine deutsche Sprache so redet noch versteht. Aber recht deutsch zu reden sollte es heißen eine „Gemeine der Heiligen“, das ist eine Gemeine, darin eitel Heilige sind; oder noch klärlicher eine „heilige Gemeine“. Das rede ich darum, dass man die Worte verstehe, weil es so in die Gewohnheit eingerissen ist, dass schwerlich wieder herauszureißen ist, und soll bald Ketzerei sein, wo man ein Wort ändert. Das ist aber die Meinung und Summa von diesem Zusatz: Ich glaube, dass da sei ein heiliges Häuflein und Gemeine auf Erden eitler Heiligen unter Einem Haupt, Christo, durch den heiligen Geist zusammen berufen, in Einem Glauben, Sinne und Verstand, mit mancherlei Gaben, doch einträchtig in der Liebe, ohne Rotten und Spaltung. Derselbigen bin ich auch ein Stück und Glied, aller Güter, so sie hat, teilhaftig und Mitgenosse, durch den heiligen Geist dahin gebracht und eingeleibt dadurch, dass ich Gottes Wort gehört habe und noch höre, welches ist der Anfang hineinzukommen. Denn vorhin, ehe wir dazugekommen sind, sind wir gar des Teufels gewesen, als die von Gott und von Christo nichts gewusst haben. So bleibt der heilige Geist bei der heiligen Gemeine oder Christenheit bis auf den jüngsten Tag, dadurch er uns holt, und brauchet sie dazu, das Wort zu führen und treiben, dadurch er die Heiligung macht und mehrt, dass sie täglich zunehme und stark werde im Glauben und seinen Früchten, so er schafft. Darnach weiter glauben wir, dass wir in der Christenheit haben Vergebung der Sünde, welches geschieht durch die heiligen Sakramente und Absolution, dazu allerlei Trostsprüche des Evangelii. Darum gehört hierher, was von den Sakramenten zu predigen ist, und Summa das ganze Evangelium und alle Ämter der Christenheit; welches auch Not ist, dass ohne Unterlass gehe. Denn wiewohl Gottes Gnade durch Christum erwor-ben ist und die Heiligkeit durch den heiligen Geist gemacht, durch Gottes Wort in der Vereinigung der christlichen Kirche, so sind wir doch nimmer ohne Sünde unsers Fleisches halber, so wir noch am Hals tragen. Darum ist alles in der Christenheit dazu geordnet, dass man da täglich eitel Vergebung der Sünden durch Wort und Zeichen hole, unser Gewissen zu trösten und aufzurichten, solange wir hier leben; also macht der heilige Geist, dass, ob wir gleich Sünde haben, doch sie uns nicht schaden kann, weil wir in der Christenheit sind, da eitel Vergebung der Sünde ist, - beide, dass uns Gott vergibt und wir untereinander vergeben, tragen und aufhelfen. Außer der Christenheit aber, da das Evangelium nicht ist, ist auch keine Vergebung, wie auch keine Heiligkeit da sein kann. Darum haben sich alle selbst herausgeworfen und gesondert, die nicht durchs Evangelium und Vergebung der Sünde, sondern durch ihre Werke Heiligkeit suchen und verdienen wollen. Indes aber, weil die Heiligkeit angefangen ist und täglich zunimmt, warten wir, dass unser Fleisch hingerichtet und mit allem Unflat bescharret werde, aber herrlich hervorkomme und auferstehe zu ganzer und völliger Heiligkeit in einem neuen ewigen Leben. Denn jetzt bleiben wir halb und halb rein und heilig, auf dass der heilige Geist immer an uns arbeite durch das Wort und täglich Vergebung austeile bis in jenes Leben, da nicht mehr Verge-bung sein wird, sondern ganz und gar reine und heilige Menschen, voller Frömmigkeit und Gerechtigkeit, entnommen und ledig von Sünde, Tod und allem Unglück, in einem neuen, unsterblichen und verklärten Leibe. Siehe, das alles soll des heiligen Geistes Amt und Werk sein, dass er auf Erden die Heiligkeit anfange und täglich mehre durch die zwei Stücke, christliche Kirche und Vergebung der Sünde. Wenn wir aber verwesen, wird ers ganz auf einen Augenblick vollführen und ewig dabei erhalten durch die letzten zwei. Dass aber hier steht „Auferstehung des Fleisches“, ist auch nicht wohl deutsch geredet. Denn wo wir Fleisch hören, denken wir nicht weiter denn an die Scharren. Auf recht deutsch aber würden wir also reden: Auferstehung des Leibes oder Leichnams, doch liegt nicht große Macht daran, so man nur die Worte recht versteht. Das ist nun der Artikel, der dir immerdar im Werk gehen und bleiben muss. Denn die Schöpfung haben wir nun hinweg, so ist die Erlösung auch ausgerichtet. Aber der heilige Geist treibt sein Werk ohne Unterlass bis auf den jüngsten Tag, dazu er verordnet eine Gemeinde auf Erden, dadurch er alles redet und tut; denn er seine Christenheit noch nicht alle zusammengebracht noch die Vergebung ausgeteilt hat. Darum glauben wir an den, der uns täglich herzuholt durch das Wort und den Glauben gibt, mehrt und stärkt durch dasselbige Wort und Vergebung der Sünde, auf dass er uns, wenn das alles ausgerichtet und wir dabei bleiben, der Welt und allem Unglück absterben, endlich gar und ewig heilig mache, welches wir jetzt durchs Wort im Glauben warten. Siehe, da hast du das ganze göttliche Wesen, Willen und Werk mit ganz kurzen und doch reichen Worten aufs allerfeinste abgemalt, darin alle unsere Weisheit steht, so über alle Menschenweisheit, Sinn und Vernunft geht und schwebt. Denn alle Welt, wiewohl sie mit allem Fleiß darnach getrachtet hat, was doch Gott wäre und was er im Sinn hätte und täte, so hat sie doch der keines je erlangen mögen. Hier aber hast du es alles aufs allerreichlichste. Denn da hat er selbst offenbart und aufgetan den tiefsten Abgrund seines väterlichen Herzens und eitel unaussprechlicher Liebe in allen drei Artikeln. Denn er hat uns eben dazu geschaffen, dass er uns erlöste und heiligte. Und über das, dass er uns alles gegeben und eingetan hatte, was im Himmel und auf Erden ist, hat er uns auch seinen Sohn und heiligen Geist gegeben, durch welche er uns zu sich brächte. Denn wir könnten (wie droben erklärt) nimmermehr dazukommen, dass wir des Vaters Huld und Gnade erkennten, ohne durch den Herrn Christum, der ein Spiegel ist des väterlichen Herzens, außer welchem wir nichts sehen denn einen zornigen und schreck-lichen Richter; von Christo aber könnten wir auch nichts wissen, wo es nicht durch den heiligen Geist offenbart wäre. Darum scheiden und sondern diese Artikel des Glaubens uns Christen von allen andern Leuten auf Erden. Denn was außer der Christenheit ist, es seien Heiden, Türken, Juden oder falsche Christen und Heuchler, ob sie gleich nur einen wahrhaftigen Gott glauben und anbeten, so wissen sie doch nicht, was er gegen ihnen gesinnt ist, können sich auch keiner Liebe noch Gutes zu ihm versehen, darum sie in ewigem Zorn und Verdammnis bleiben; denn sie den HERRN Christum nicht haben, dazu mit keinen Gaben durch den heiligen Geist erleuchtet und begnadet sind. Aus dem siehst du nun, dass der Glaube gar viel eine andere Lehre ist denn die zehn Gebote. Denn jene lehrt wohl, was wir tun sollen; diese aber sagt, was uns Gott tue und gebe. Die zehn Gebote sind auch sonst in aller Menschen Herzen geschrieben; den Glauben aber kann keine menschliche Klugheit begreifen und muss allein vom heiligen Geist gelehrt werden. Darum macht jene Lehre noch keinen Christen, denn es bleibt noch immer Gottes Zorn und Ungnade über uns, weil wirs nicht halten können, was Gott von uns fordert; aber diese bringt eitel Gnade, macht uns fromm und Gott angenehm. Denn durch diese Erkenntnis kriegen wir Lust und Liebe zu allen Geboten Gottes, weil wir hier sehen, wie sich Gott ganz und gar mit allem, das er hat und vermag, uns gibt zu Hülfe und Steuer, die zehn Gebote zu halten: der Vater alle Kreaturen; Christus alle seine Werke; der heilige Geist alle seine Gaben. Das sei jetzt genug vom Glauben, einen Grund zu legen für die Einfältigen, dass man sie nicht überlade; auf dass, wenn sie die Summa davon verstehen, darnach selbst weiter nachtrachten, und was sie in der Schrift lernen, hierherziehen und immerdar in reicherm Verstand zunehmen und wachsen. Denn wir haben doch täglich, solange wir hier leben, daran zu predigen und zu lernen.


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