Haustafel

 

Die Haustafel.

 

1209. WAS IST DIE HAUSTAFEL?

 

Sie ist ein ordentliches Verzeichnis gewisser Sprüche der Schrift, darinnen einem jeglichen vorgehalten wird, wie er in seinem absonderlichen Stand und Beruf Gott gefällig wandelen solle. Also ist sie nur eine absonderliche Erklärung des vierten Gebots. 

 

1210. WARUM HEISSETS DIE HAUSTAFEL?

 

Weil es als eine Tafel ist, die in dem Hause Gottes, der christlichen Kirche, 1 Tim. 3,15., aufgehänget ist, und einem jeden Glied derselben die Regeln seines Standes und Berufs vorstellet. 

 

1211. WIE VIEL SIND STÄNDE IN DER CHRISTLICHEN KIRCHE?

 

Drei: der geistliche, der weltliche, und der Hausstand, die alle drei zu der Kirche gehören, auch jeglicher in gewisser Maß in allen drei Ständen ist, entweder als ein Vorgesetzter oder Untergebener. 

 

1212. WER GEHÖRET IN DEN GEISTLICHEN STAND?

 

Lehrer und Prediger mit ihren Zuhörern. 

 

1213. WIE LAUTET DIE LEKTION DER PREDIGER?

 

Ein Bischof soll unsträflich sein, Eines Weibes Mann, nüchtern, sittig, mäßig, gastfrei, lehrhaftig, als ein Haushalter Gottes; nicht ein Weinsäufer, nicht beißig, nicht unehrliche Hantierung treiben, sondern gelinde, nicht haderhaftig, nicht geizig; der seinem eigenen Hause wohl vorstehe, der gehorsame Kinder habe, mit aller Ehrbarkeit, nicht ein Neuling, der ob dem Wort halte, das gewiss ist, und lehren kann, dass er mächtig sei, zu ermahnen durch die heilsame Lehre, und zu strafen die Widersprecher, 1 Tim. 3.  Tit. 4. 

 

1214. WER SIND DIE BISCHÖFE?

 

Alle Seelsorger und Prediger, welche Aufseher sind über die Gemeinden: wie denn in der Schrift unter Bischöfen und Pfarrherren kein Unterschied ist. 

 

Apg. 20,17: Paulus sandte gen Ephesum, und ließ fordern die Ältesten von der Gemeine. V. 28: So habet nun Acht auf euch selbst, und auf die ganze Herde, unter welche euch der Heil. Geist gesetzet hat zu Bischöfen, zu weiden die Gemeine Gottes, welche er durch sein eigen Blut erworben hat. 

 

1215. SIND DENN NICHT ALLE CHRISTEN, KRAFT DES ALLGEMEINEN PRIESTERTUMS, PREDIGER DER GEMEINDE?

 

Nein, sondern darzu gehöret ein sonderbarer Beruf, wenn einer solches Amt bei der ganzen Gemeinde und öffentlich verwalten soll: dahingegen der Christen Pflicht allein die absonderliche brüderliche Erbauung seines Hauses und anderer Nächsten, mit denen man Gelegenheit hat umzugehen, in sich fasset. 

 

Röm. 10,15: Wie sollen sie predigen, wo sie nicht gesandt werden? 

Eph. 4,11: Er hat etliche zu Aposteln gesetzet, etliche aber zu Propheten, etliche zu Evangelisten, etliche zu Hirten und Lehrern. 

1 Tim. 3,1: So jemand ein Bischofsamt begehret, der begehret ein köstlich Werk.

Jer. 23,21: Ich sandte die Propheten nicht, noch liefen sie; ich redete nicht zu ihnen, noch weissagten sie. 

Tit. 1,5: Derhalben ließ ich dich in Kreta, dass du solltest vollends anrichten, da ichs gelassen habe, und besetzen die Städte hin und her mit Ältesten, wie ich dir befohlen habe. 

 

1216. WORINNEN BESTEHET IHR AMT?

 

Nicht nur in reiner Lehre und Predigt des Worts, sondern auch in treuer Aufsicht auf die Gemeinde, wie das gepredigte Wort bei ihnen Frucht bringe; wohin die öffentlichen und absonderlichen Vermahnungen gehören. 

 

Apg. 20,31: Darum seid wacker, und denket daran, dass ich nicht abgelassen habe drei Jahre, Tag und Nacht einen jeglichen mit Tränen zu vermahnen. 

Ezech. 3,17-21: Du Menschenkind, ich habe dich zum Wächter gesetzt über das Haus Israel; du sollst aus meinem Munde das Wort hören, und sie von meinetwegen warnen. Wenn ich dem Gottlosen sage: Du musst des Todes sterben, und du warnest ihn nicht, und sagest es ihm nicht, damit sich der Gottlose vor seinem gottlosen Wesen hüte, auf dass er lebendig bleibe, so wird der Gottlose um seiner Sünde willen sterben; aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern. Wo du aber den Gottlosen warnest, und er sich nicht bekehret von seinem gottlosen Wesen und Wege, so wird er um seiner Sünde willen sterben; aber du hast deine Seele errettet. Und wenn sich ein Gerechter von seiner Gerechtigkeit wendet, und tut Böses, so werde ich ihn lassen anlaufen, dass er sterben muss; denn weil du ihn nicht gewarnet hast, wird er um seiner Sünde willen sterben müssen, und seine Gerechtigkeit, die er getan hat, wird nicht angesehen werden; aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern. Wo du aber den Gerechten warnest, dass er nicht sündigen soll, und er sündiget auch nicht, so soll er leben; denn er hat sich warnen lassen, und du hast deine Seele errettet. 

 

1217. IST ABER DENJENIGEN, DIE IN DEM PREDIGTAMT SIND, AUCH ERLAUBT, IN DEM EHESTAND ZU LEBEN?

 

Ja: weil solches nicht nur in dem Alten Testament unter den Priestern gewöhnlich gewesen, sondern auch in dem Neuen nirgend verboten, vielmehr ausdrücklich von Paulo ihnen zugelassen wird (A), und die Exempel in der Schrift und Kirchenhistorie unzählig sind, hingegen das Eheverbot unter die widerchristischen Lehren gesetzet wird (B).

 

(A)

1 Tim. 3,2: Es soll aber ein Bischof unsträflich sein, Eines Weibes Mann. V. 4: Der seinem eignen Hause wohl vorstehe, der gehorsame Kinder habe, mit aller Ehrbarkeit. 

1 Kor. 9,5: Haben wir nicht auch Macht, eine Schwester zum Weibe mit umher zu führen, wie die andern Apostel, und des Herrn Brüder, und Kephas?

 

(B)

1 Tim. 4,1-3: Der Geist aber sagt deutlich, dass in den letzten Zeiten werden etliche von dem Glauben abtreten, und anhangen den verführerischen Geistern, und Lehren der Teufel, durch die, so in Gleißnerei Lügenredner sind, und Brandmale in ihrem Gewissen haben; und verbieten ehelich zu werden, und zu meiden die Speise, die Gott geschaffen hat, zu nehmen mit Danksagung, den Gläubigen und denen, die die Wahrheit erkennen. 

 

1218. WAS WIRD DENN VON EINEM BISCHOF ODER PFARRHERRN ERFORDERT?

 

Lehre und Leben. 

 

1219. WAS WIRD WEGEN DER LEHRE ERFORDERT?

 

Dass er sei zum Lehren geschickt, das ist, lehrhaftig, demnach dass er selbst aus dem göttlichen Wort, und in demselben eigener und vom Heiligen Geist empfangener Erleuchtung verstehe, was er seine Zuhörer lehren solle, damit nicht ein Blinder dem andern den Weg zu beider Verderben weise (A). Daher soll er kein Neuling oder Neubekehrter sein, der den Glauben noch nicht recht gefasset, und dessen man noch nicht genugsam versichert ist (B). 

 

(A)

Luk. 6,39: Mag auch ein Blinder einem Blinden den Weg weisen? Werden sie nicht alle beide in die Grube fallen?

 

(B)

1 Tim. 3,6. 

 

1220. ISTS ABER MIT DER GESCHICKLICHKEIT GENUG?

 

Nein, sondern es gehöret auch darzu die Treue, dass er seine Gaben und Verstand anwende, als ein Haushalter Gottes (A), und also ob dem Wort halte, das gewiss ist, und lehren kann, auf dass er mächtig sei zu ermahnen durch die heilsame Lehre, und zu strafen die Widersprecher (B).

 

(A)

1 Kor. 4,1.2: Dafür halte uns jedermann, nämlich für Christi Diener, und Christi Haushalter über Gottes Geheimnisse. Nun suchet man nicht mehr an den Haushaltern, denn dass sie treu erfunden werden. 

 

(B)

Tit. 1,9. 

 

1221. WAS WIRD DES LEBENS WEGEN ERFORDERT?

 

Dass er insgemein sei unsträflich, und also, so viel unter Menschen geschehen kann, ohne Tadel: absonderlich werden auch gewisse Tugenden von Paulo beschrieben, welche von den Bischöfen erfordert werden.

 

1222. WELCHES SIND DIESELBIGEN?

 

Dass er an und gegen sich selbst sei mäßig (nicht nur nüchtern und kein Weinsäufer, sondern der auch in allen Dingen Maß wisse zu halten, bescheiden, demütig), sittig, in allem seinem Wandel ehrbar, und nicht geizig: gegen seine Hausgenossen aber, der seinem eigenen Haus wohl vorstehe, der gehorsame Kinder habe mit aller Ehrbarkeit: gegen seine Zuhörer und andere Leute gelind (nicht zwar der göttlichen Wahrheit etwas zu vergeben, oder zu allem Bösen zu schweigen, sondern in seiner eigenen Sache sich willig seines Rechts zu verzeihen), nicht pochen (oder schlagen), nicht haderhaftig (der zu zanken nicht Lust habe, noch mit den Zuhörern für sich Streit anfange), nicht schändliches Gewinns begierig, gastfrei, und mild gegen fremde Brüder. 

 

1223. WARUM WERDEN ALLE SOLCHE TUGENDEN ERFORDERT?

 

Weil die Prediger müssen Vorbilder der Herde sein, und wo dieselben ein ärgerliches Leben führen, weder recht verstehen können, wie die Gemeinde zu erbauen sei, noch mit ihrer Lehre, so durch das böse Exempel geschlagen wird, viel auszurichten vermögen. 

 

1 Petr. 5,2.3: Weidet die Herde Christi, so euch befohlen ist, und sehet wohl zu, nicht gezwungen, sondern williglich, nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund, nicht als die übers Volk herrschen, sondern werdet Vorbilder der Herde. 

1 Kor. 4,16: Darum ermahne ich euch, seid meine Nachfolger. 

1 Kor. 11,1: Seid meine Nachfolger, gleichwie ich Christi. 

 

1224. WAS IST DIE LEKTION DER ZUHÖRER?

 

Esset und trinket, was sie haben; denn ein Arbeiter ist seines Lohnes wert, Luk. 10. 

Der Herr hat befohlen, dass die, so das Evangelium verkündigen, sollen sich vom Evangelio nähren, 1. Kor. 9. Der unterrichtet wird mit dem Wort, der teile mit allerlei Gutes dem, der ihn unterrichtet. Irret euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten, Gal. 6. Die Ältesten, die wohl vorstehen, die halte man zwiefacher Ehren wert, sonderlich die da arbeiten im Wort und in der Lehre; denn es spricht die Schrift: Du sollst dem Ochsen, der da drischet, nicht das Maul verbinden. Desgleichen, ein Arbeiter ist seines Lohnes wert, 1 Tim. 5. Wir bitten euch, lieben Brüder, dass ihr erkennet, die an euch arbeiten, und euch vorstehen in dem Herrn, und euch ermahnen; habt sie desto lieber um ihres Werks willen, und seid friedsam mit ihnen, 1 Thess. 5. Gehorchet euren Lehrern und folget ihnen; denn sie wachen über eure Seelen, als die da Rechenschaft dafür geben sollen, auf dass sie es mit Freuden tun, und nicht mit Seufzen; denn das ist euch nicht gut, Hebr. 13. 

 

1225. WORINNEN BESTEHET ALSO IHRE PFLICHT?

 

Dass sie ihren Lehrern schuldig seien Gehorsam, Hebr. 13,17. Ehre, 1 Tim. 5,17. Liebe, 1 Thess. 5,12.13. und Besoldung, 1 Kor. 9,13. Luk. 10,7. Gal. 6,6. 

 

1226. WIE SIND SIE IHNEN GEHORSAM SCHULDIG?

 

Dass sie in denjenigen Dingen, welche sie von Gottes wegen ihnen vortragen, und wo sie ihnen mit guten Exempeln vorgehen, gehorchen und nachfolgen, mit willigem Herzen, wissend, dass sie Gottes Boten an sie seien (A), und also, dass Gott den Gehorsam und Ungehorsam gegen die Prediger aufnehme, als ihm selbst erwiesen (B). 

 

(A)

2 Kor. 5,20: So sind wir nun Botschafter an Christi statt; denn Gott vermahnet durch uns. 

 

(B)

Luk. 10,16: Wer euch höret, der höret mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich; wer aber mich verachtet, der verachtet den, der mich gesandt hat. 

 

1227. WER SOLL ABER DEN PREDIGERN GEHORCHEN?

 

Alle Zuhörer, auch die in der Welt die höchsten Häupter sind. Denn obwohl die Prediger in dem Weltlichen ihnen untertan, so sind sie doch hinwider Gott untertan, der ihnen in dem Geistlichen die Prediger zu Vorstehern und Aufsehern verordnet hat. 

 

Jer. 1,18: Ich will dich heute zur festen Stadt, zur eisernen Säule, zur ehernen Mauer machen im ganzen Lande, wider die Könige Juda, wider ihre Fürsten, wider ihre Priester, wider das Volk im Lande. 

 

1228. WAS ISTS FÜR EINE EHRE, DIE MAN IHNEN SCHULDIG IST?

 

Dass man sie als Gottes Boten ansehe, und um ihres Herrn willen hoch halte; woraus auch äußerliche Ehrerbietung folgen wird. 

 

1229. WELCHEN IST MAN SOLCHES SCHULDIG?

 

Allen Predigern, sie seien in höherm oder geringerm Ehrengrad in der Welt, denn ihr Amt ist an sich selbst hoch genug. Sonderlich aber ist man solche Ehre schuldig denjenigen, die wohl vorstehen. Die es aber übel verwalten, sind ein Schandflecken desselben, und daher keiner Ehre wert, ohne allein, dass ihr Amt noch an ihnen der Ehre würdig ist. 

 

1230. WAS ISTS FÜR EINE LIEBE?

 

Dass man sie als Väter, und Werkzeuge der göttlichen Gnade an uns, welche vieles für uns sorgen und tun müssen, von Herzen liebe, und solche Liebe in der Tat bezeige. 

 

1231. WORINNEN SOLL SICH SOLCHE LIEBE HERVOR TUN?

 

Vornehmlich in dem Gebet für sie und ihr schweres und gefährliches Amt, dass sie Gott mit seinem Geist regieren, und zu ihrem Amt Segen geben wolle. Sodann, dass man auch mit ihrer Schwachheit Geduld trage, sie vor den Lästerern verteidige, und gutes Vertrauen zu ihnen trage. 

 

Röm. 15,30. Eph. 6,19. 1 Thess. 5,25. 2 Thess. 3,1. Hebr. 13,18. S. Fr. 810. 

 

1232. WAS IST DAS VIERTE, WELCHES ZUHÖRER IHREN PREDIGERN SCHULDIG SIND?

 

Ihre Besoldung oder notdürftigen Unterhalt für sie und die Ihrigen, als die wegen ihres Amts ihre Notdurft auf andere Weise nicht verdienen mögen. 

 

1233. WERDEN DENN DAMIT DIE PREDIGER NICHT ZU MIETLINGEN UND LOHNDIENERN, WENN SIE BESOLDUNG ANNEHMEN?

 

Nein, weil die Zuhörer aus göttlichem Befehl solchen Unterhalt den Predigern schuldig sind, so mögen diese es auch mit gutem Gewissen annehmen, und sich dessen gebrauchen: jedoch in allem dem sich vor allem Geiz und bösem Schein desselben sich fleißig hüten. 

 

1234. WELCHES IST DER ANDERE STAND?

 

Der weltliche, darein die Obrigkeit und Untertanen gehören. 

 

1235. IST DER OBRIGKEITLICHE STAND AUCH VON GOTT?

 

Ja, er ist Gottes Einsetzung, und dem menschlichen Geschlecht ganz notwendig.

 

Röm. 13,1. S. unten Fr. 1237. 

Spr. 8,15.16 spricht die göttliche Weisheit: Durch mich regieren die Könige, und die Ratsherren setzen das Recht; durch mich herrschen die Fürsten, und alle Regenten auf Erden. 

 

1236. IST ER ABER AUCH ANNOCH IN DEM NEUEN TESTAMENT EINE GÖTTLICHE ORDNUNG, NACHDEM DIE CHRISTEN ALLE SOLLEN BRÜDER SEIN?

 

Ja, er bleibet nichts destoweniger göttliche Ordnung, und hebet die geistliche Brüderschaft der Christen die weltliche Gewalt nicht auf, sondern machet nur, dass sie gegen die Brüder mit Liebe geübet wird. 

 

1237. WIE LAUTET DIE LEKTION DER OBRIGKEIT?

 

Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit, ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott geordnet. Wer sich nun wider die Obrigkeit setzet, der widerstrebet Gottes Ordnung; die aber widerstreben, werden über sich ein Urteil empfahen; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst, sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe über den, der Böses tut. Röm. 13,1.2.4.

 

1238. WAS HAT DIE OBRIGKEIT FÜR EINE GEWALT?

 

Eine göttliche Gewalt, also, dass sie des göttlichen Reichs Amtleute sind (A), und daher Götter genennet werden (B), als denen Gott einen Teil seiner Macht, in seinem Namen zu gebrauchen, gegeben hat: dergestalt, dass der Gehorsam und Ungehorsam, so der Obrigkeit widerfähret, eben damit auch Gott in ihnen angetan wird. 

 

(A)

Weish. 6,5. 

 

(B)

Ps. 82,6: Ich habe wohl gesagt: Ihr seid Götter, und allzumal Kinder des Höchsten.

 

1239. MAG ABER AUCH DIE OBRIGKEIT DEN GEWISSEN BEFEHLEN?

 

Die weltlichen Obrigkeiten haben nicht Macht, über die Gewissen selbst zu herrschen, noch denselben in geistlichen Dingen zu befehlen, und wo sie solches tun, so überschreiten sie ihr Amt, und darf man nicht ihnen, sondern muss Gott gehorchen (A). Was sie aber in weltlichen Dingen, die zu ihrer Regierung gehören, anordnen und befehlen, wenn es nur nicht wider Gott ist, solches verbindet der Untertanen Gewissen also, dass, wo diese solche Gesetze und Befehle überschreiten, sie damit nicht nur in der Obrigkeit gerechte Strafe fallen, sondern auch ihr Gewissen verletzen (B). Denn obs wohl alsdann Menschengesetze sind, so sinds Gesetze der Menschen, in denen Gott selbst gebeut und verbeut, weil er ihnen solche Macht gegeben hat. 

 

(A)

Apg. 5,29: Man muss Gott mehr gehorchen, denn den Menschen. 

 

(B)

Röm. 13,5: So seid nun aus Not untertan, nicht allein um der Strafe willen, sondern auch um des Gewissens willen. 

 

1240. WIE WEIT ERSTRECKET SICH SOLCHE GEWALT?

 

Auf Leib und Leben der Untertanen: denn darzu ist der Obrigkeit das Schwert gegeben, sowohl die Übeltäter zu strafen, als die Frommen wider derselben Gewalt zu schützen. Auf welchem Grund auch das göttliche Recht beruhet, mit Krieg die seinigen anvertrauten Untertanen wider ungerechte Feinde zu verteidigen. 

 

1241. WORINNEN BESTEHET DENN EIGENTLICH DER OBRIGKEIT SCHULDIGKEIT?

 

1. Dass sie erkennen, sie seien nicht selbst Herren, sondern unter Gott, und Gottes Diener: deswegen sie nicht tun dürfen, was sie wollen, sondern was Gottes, ihres höchsten Oberherrn Wille und Befehl ist, dem sie auch über ihr Tun Rechenschaft geben müssen, und auf dessen Ehre sie in allem zu sehen haben (A). 2. Dass sie gedenken, sie seien gesetzt den Untertanen zu gut, und also seien die Untertanen nicht um ihrentwillen, sondern sie um der Untertanen willen: derohalben sie alle ihre Gewalt nicht zu eigener Ehre, Nutzen oder Wollust, sondern der Untertanen Wohlfahrt richten müssen (B). Tun sie es nicht, so haben sie Gottes schweres Gericht auf sich liegen. 

 

(A)

und (B)

Röm. 13,4: Sie ist Gottes Dienerin, dir zu gut. 

 

1242. WIE LAUTET DIE LEKTION DER UNTERTANEN?

 

Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist, Matth. 22. 

So seid nun aus Not untertan, nicht allein um der Strafe willen, sondern auch um des Gewissens willen. Derohalben müsset ihr auch Schoß geben; denn es sind Gottes Diener, die solchen Schutz sollen handhaben. So gebet nun jedermann, was ihr schuldig seid: Schoß, dem der Schoß gebühret; Zoll, dem der Zoll gebühret; Furcht, dem die Furcht gebühret; Ehre, dem die Ehre gebühret, Röm. 13. 

So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen zuerst tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, auf dass wir ein geruhig und stilles Leben führen mögen, in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit; denn solches ist gut, dazu auch angenehm vor Gott, unserm Heiland, 1 Tim. 2. 

Erinnere sie, dass sie den Fürsten und der Obrigkeit untertan und gehorsam seien, Tit. 3. 

Seid untertan aller menschlichen Ordnung, um des Herrn willen, es sei dem Könige, als dem Obersten, oder den Hauptleuten, als den Gesandten von ihm zur Rache über die Übeltäter, und zu Lobe den Frommen, 1 Petr. 2. 

 

1243. WER IST DER OBRIGKEIT ZU GEHORCHEN SCHULDIG?

 

Alle diejenigen, über welche solche einige Gewalt hat, Alt und Jung, Mann und Weib, Einheimische und Fremde, die eines Ortes wohnen. Also auch die unteren Obrigkeiten gegen ihre höheren gerechnet. 

 

1244. SIND DENN DIE PREDIGER AUCH DER WELTLICHEN OBRIGKEIT UNTERTAN?

 

Ja, indem sie göttliches Wort davon nicht befreiet, auch Christus und die Apostel ihre Untertänigkeit mit eigenem Exempel erwiesen haben. 

 

1245. WELCHER OBRIGKEIT IST MAN ZU GEHORCHEN SCHULDIG?

 

Aller derjenigen, unter deren Gewalt uns Gott hat kommen lassen, es sei unsere angeborne oder fremde, unter deren Joch uns Gott geworfen hätte, und zwar ohne Unterschied, sie sei gläubig oder ungläubig. 

 

Jer. 27,12: Ergebet euren Hals unter das Joch des Königs zu Babel, und dienet ihm und seinem Volk, so sollt ihr lebendig bleiben. Kap. 29,7: Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe lassen wegführen, und betet für sie zum Herrn; denn wenns ihr wohl gehet, so gehets euch auch wohl. 

 

1246. IST MAN ABER AUCH UNBILLIGER UND TYRANNISCHER OBRIGKEIT UNTERTAN ZU SEIN SCHULDIG?

 

Ja, indem die Christen Unrecht zu leiden (A), dem Bösen nicht zu widerstreben verbunden sind. So haben sie gegen das Unrecht, so ihnen widerfähret, kein ander Mittel, als geduldig zu leiden, und zu dem Herrn zu rufen (B): hingegen ist aller Aufruhr und Empörung vor Gott ein Greuel. 

 

(A)

1 Petr. 2,18-20: Ihr Knechte, seid untertan mit aller Furcht den Herren, nicht allein den gütigen und gelinden, sondern auch den wunderlichen. Denn das ist Gnade, so jemand um des Gewissens willen zu Gott das Übel verträget, und leidet das Unrecht. Denn was ist das für ein Ruhm, so ihr um Missetat willen Streiche leidet? Aber wenn ihr um Wohltat willen leidet und erduldet, das ist Gnade bei Gott.

 

(B)

1 Sam. 8,18. 

 

1247. WORINNEN BESTEHET DENN DIE SCHULDIGKEIT DER UNTERTANEN?

 

1. Im Gehorsam, dass sie der Obrigkeit Befehl weder heimlich noch öffentlich mit Willen überschreiten, auch Geduld damit haben, wo sie ihnen Unrecht tut. 2. In Ehrerbietung, dass sie dieselbe in ihren Herzen, wegen des göttlichen angehängten Bildes, hoch achten, daher auch die Fehler der Personen nicht hoch aufmutzen, sondern lieber, so viel es geschehen kann, zudecken, ihre Hochhaltung auch äußerlich beweisen. 3. In Abstattung des Schoß, Zoll und anderer Auflagen: denn die Untertanen ihre Obrigkeit nicht betrügen oder vervorteilen, sondern ihre Pflicht treulich abstatten sollen. Ja, auch wo die Obrigkeit darinnen gegen sie unbillig verführe, und allzu harte Last auflegte, und sie nicht mit andern rechtlichen Mitteln und Anrufung einer höhern Obrigkeit Hilfe erlangen mögen, müssen sie auch die unbilligen Auflagen abstatten, und dürfen sich nicht empören. 4. In eifrigem und herzlichem Gebet für dieselbe und dero gesegnete Regierung. Wodurch öfters auch gottlose Obrigkeit gewonnen, und Gott der Herr ihre Herzen zu bessern bewogen wird. 

 

1248. WELCHES IST DER DRITTE STAND DER CHRISTENHEIT?

 

Der Hausstand, zu dem Eheleute, Eltern und Kinder, Herrschaften und Gesinde, und dergleichen gehören. 

 

1249. WIE LAUTET DER EHEMÄNNER LEKTION?

 

Ihr Männer, wohnet bei euren Weibern mit Vernunft, und gebet dem weiblichen, als dem schwächsten Werkzeuge seine Ehre, als Miterben der Gnade des Lebens, dass euer Gebet nicht verhindert werde, 1 Petr. 3. Und seid nicht bitter gegen sie, Kol. 3. 

 

1250. WAS FORDERT DENN DIESELBE VON IHNEN?

 

Erstlich herzliche Liebe, die der Grund alles Übrigen bei Ehegatten sein, und der Mann seinem Weib so wohl sein ganzes Herz, als sie ihm geben muss. Zum andern, Sorge für dieselbe, Schutz und Unterhalt. Drittens, Regierung, dass er sie in allem, Geistlichen und Weltlichen, also mit Vernunft regiere, wie es zu ihrem Heil dienlich ist. Viertens, Geduld mit dero leiblichen Gebrechen oder Schwachheit, und Sanftmut mit derselben Fehlern, welche er an ihr bessern, nicht aber gegen sie mit Zorn und Grausamkeit verfahren soll. 

 

1251. WARUM IST DER MANN DERGLEICHEN SEINEM WEIB SCHULDIG?

 

1. Weil die Weiber an Leib und Gemüt ein schwächer Werkzeug sind, und deswegen mit mehr Geduld und Vernunft behandelt werden müssen. 2. Weil sie sind Miterben der Gnade des Lebens, und in völliger Gemeinschaft aller geistlichen Heils- und Gnadengüter mit den Männern stehen; daher vor Gott nichts geringer als sie sind. 3. Weil sonsten der Männer Gebet und gesamter Gottesdienst würde gehindert werden, wofern sie in Zorn und Bitterkeit gegen die Weiber lebten. 

 

1252. WIE LAUTET DER EHEWEIBER LEKTION?

 

Die Weiber seien untertan ihren Männern, als den Herren, wie Sara Abraham gehorsam war, und hieß ihn Herr; welcher Töchter ihr worden seid, so ihr wohltut, und nicht so schüchtern seid, 1 Petr. 3. 

 

1253. WAS IST DENN EINE EHEFRAU IHREM MANN SCHULDIG?

 

Erstlich herzliche Liebe, auf welchem Grund das Übrige beruhet, und aus welcher sie sich seiner allein halten, und allen bösen Schein vermeiden, auch in guten und bösen Tagen solche Liebe tätlich bezeugen soll. Zum andern, Ehrerbietung, dass sie den Mann als ihr Haupt und ihren Herrn erkenne, in dem Herzen, mit Geberden, Worten und Werken ehre, als das Bild ihres Gottes (1 Kor. 11,7.). Also auch, dass sie des Mannes Gebrechen mit Geduld trage und bedecke, auch sich in seine Geschäfte nicht eindringe. Drittens, Gehorsam in Haushaltung und andern Geschäften, so weit, als es nicht wider Gott gehet. Viertens, ein gutes und tugendhaftes Leben, in Gottseligkeit, Demut, Enthaltung aller Pracht, Arbeitsamkeit, Kinderzucht, und dergleichen. Welches alles ein Eheweib nicht nur Gott zum vördersten, sondern auch folglich ihrem Mann schuldig ist. 

 

1 Petr. 3,1-5: Desselbigen gleichen sollen die Weiber ihren Männern untertan sein, auf dass auch die, so nicht glauben an das Wort, durch der Weiber Wandel ohne Wort gewonnen werden, wenn sie ansehen euren keuschen Wandel in der Furcht; welcher Schmuck soll nicht auswendig sein mit Haarflechten und Goldumhängen, oder Kleideranlegen, sondern der verborgene Mensch des Herzens unverrückt, mit sanftem und stillem Geist, das ist köstlich vor Gott: denn also haben sich auch vor Zeiten die heiligen Weiber geschmücket, die ihre Hoffnung auf Gott setzten, und ihren Männern untertan waren. 

 

1254. WIE LAUTET DIE LEKTION DER ELTERN?

 

Ihr Väter, reizet eure Kinder nicht zum Zorn, dass sie nicht scheu werden, sondern ziehet sie auf in der Zucht und Vermahnung zu dem Herrn, Eph. 6. 

 

1255. WELCHE ELTERN WERDEN HIE VERSTANDEN?

 

Die natürlichen Eltern, Vater und Mutter, sodann die Stiefeltern: und solches in allen Ständen, Reiche und Arme. 

 

1256. WAS IST DEN ELTERN VERBOTEN?

 

Dass sie ihre Kinder nicht zum Zorn reizen, das ist, dass sie 1. sie nicht mit bösem Exempel des Zorns, Zankens, Scheltens zu dergleichen Lastern von Jugend auf gewöhnen: 2. sie nicht selbst zur Rache gegen ihres gleichen anfrischen: 3. sie nicht mit unzeitigem Strafen und unmäßiger Strenge zum Hass gegen sich und alles Gute reizen, da sie sonsten dadurch zu allem Guten untüchtig werden. 

 

1257. WAS SIND SIE DENN DEN KINDERN SCHULDIG?

 

Erstlich die Auferziehung; soll demnach eine jede Mutter ihr Kind säugen, so sie es anders der Natur wegen vermögen, beide Eltern aber ihnen die Nahrung nach Vermögen verschaffen, bis sie sich selbst versorgen können, ihre Gesundheit fleißig in Acht nehmen, und ihrer pflegen. Zum andern die Zucht, dass sie die Kinder von allem Bösen abhalten, und zu dem Guten treiben, sie etwas Rechtschaffenes lernen lassen, und sie nach Notdurft und mit Maß züchtigen. Zum dritten, die Vermahnung zu dem Herrn, dass sie auch für der Kinder geistliches Heil sorgen, sie fleißig unterrichten, vermahnen, ihrer Taufpflicht und göttlichen Willens erinnern, und durch Andere dergleichen tun, sie zu göttlichem Wort, den Predigten, dem Katechismus weisen, und auf ihr Ab- und Zunehmen Acht geben. Zu welchem allen auch ein gottseliges Leben gehöret. 

 

1258. WIE LAUTET ABER DIE LEKTION DER KINDER?

 

Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern in dem Herrn; denn das ist billig. Ehre Vater und Mutter, das ist das erste Gebot, das Verheißung hat, nämlich, dass dirs wohl gehe, und du lange lebest auf Erden, Eph. 6. 

 

1259. WELCHE KINDER SIND HIERZU VERBUNDEN?

 

Alle, leibliche und Stiefkinder. Und zwar gehet sie solche Pflicht an nicht allein, so lange sie jung oder noch in der Eltern Brot sind, sondern ob sie schon erwachsen sind, bleibet doch solche Pflicht, so lange als die Eltern und Kinder leben. 

 

1260. WELCHEN ELTERN SIND DIE KINDER ZU SOLCHER PFLICHT GEHALTEN?

 

Allen ihren Eltern, Vater und Mutter: auch obwohl dieselben, dem Stande nach, geringer und ärmer wären, als Gott die Kinder gesegnet hat: ja, wenn schon die Eltern böse wären, und ihrer Pflicht an den Kindern vergessen hätten, ist damit die Schuldigkeit der Kinder gegen sie nicht aufgehoben, sondern müssen diese dennoch das göttliche Bild und Namen an den Eltern ehren und lieben. 

 

1261. WAS SIND SIE DENN DEN ELTERN SCHULDIG?

 

Erstlich Gehorsam in allen Dingen, die nicht wider den himmlischen Vater streiten, mit williger Folge, worinnen sie sie zum Guten anweisen, und mit geduldiger Annehmung ihrer Zucht. Darnach 2. Ehre, dass sie in ihren Herzen hoch von denselben halten, um Gottes Willen, der in ihnen will geehret sein, auch dass sie solche Ehre mit Ehrerbietung, Geberden und Worten bezeigen, der Eltern Ehre gegen Andere christlich verteidigen, und ihnen mit bösem Leben keine Schande anhängen. Drittens die Liebe, aus welcher alle vorigen Pflichten fließen müssen. 

 

1262. WORINNEN SOLL SOLCHE LIEBE SICH ERWEISEN?

 

In herzlichem Gebete sowohl für der Eltern Leben und leibliche Wohlfahrt, als auch für ihr geistliches Heil: in willigen Diensten und Aufwartung, Guttätigkeit gegen sie, sonderlich, wo sie deren anfangen zu bedürfen: Geduld mit ihrem Alter und Gebrechen, und dergleichen. 

 

Sir. 3,9-15: Ehre Vater und Mutter mit der Tat, mit Worten, und mit Geduld, auf dass ihr Segen über dich komme; denn des Vaters Segen bauet den Kindern Häuser, aber der Mutter Fluch reißet sie nieder. Spotte deines Vaters Gebrechen nicht, denn es ist dir keine Ehre; denn den Vater ehren, ist deine eigene Ehre, und deine Mutter verachten, ist deine eigene Schande. Liebes Kind, pflege deines Vaters im Alter, und betrübe ihn ja nicht, so lange er lebet, und halte ihm zu gut, ob er kindisch würde; und verachte ihn ja nicht darum, dass du geschickter bist, denn der Wohltat, dem Vater erzeiget, wird nimmermehr vergessen werden. 

 

1263. WARUM SOLLEN KINDER IHREN ELTERN SOLCHES TUN?

 

Aus natürlicher Billigkeit, weil sie von ihnen das Leben empfangen und auferzogen worden, sodann aus göttlichem Gebot und angehängter Verheißung. 

 

1264. WIE LAUTET DIE LEKTION DER KNECHTE, MÄGDE, TAGLÖHNER UND ARBEITER?

 

Ihr Knechte, seid gehorsam euren leiblichen Herren, mit Furcht und Zittern, in Einfältigkeit eures Herzens, als Christo selbst, nicht mit Dienst allein vor Augen, als den Menschen zu gefallen, sondern als die Knechte Christi, dass ihr solchen Willen Gottes tut von Herzen, mit gutem Willen. Lasset euch dünken, dass ihr dem Herrn dienet, und nicht den Menschen, und wisset, was ein jeglicher Gutes tut, das wird er von dem Herrn empfahen, er sei Knecht oder Freier, Eph. 6. Kol. 3. 

 

1265. WAS WIRD ALSO VON DEN DIENSTBOTEN ERFORDERT?

 

Erstlich Gottseligkeit, damit auch ihr Dienst möge von Gott gesegnet sein, und sonst könnten sie ihren Herren nicht dienen, als Christo selbst, noch Gottes Willen tun, oder von Gott seine Gnadenbelohnung erwarten, wo sie nicht von Herzen gottselig sind: daher sie auch für Herrschaften beten, und sich zu den Übungen des göttlichen Dienstes sollen anführen lassen. Zum 2. Ehre, indem sie sie ansehen müssen als solche Leute, denen Gott seine Ehre und Bild anhänget, und denen sie als Christo selbst dienen sollen. Solche Ehre muss in den Herzen gegründet sein, und sich in Wort und Werken hervor tun, auch eine ehrerbietige Furcht erwecken. 3. Gehorsam in allem, was nicht wider Gott ist, und zwar Gehorsam ohne Murren, mit einfältigem Herzen und willfährtig. 4. Liebe und Treue, in allem ihren Nutzen zu befördern, und ihren Schaden abzuwenden, nicht nur allein selbst keinen Schaden zu tun, sondern auch mit Faulheit, Müßiggang, Verschwendung und Unvorsichtigkeit dergleichen nicht geschehen zu lassen. 5. Geduld gegen diejenigen Herrschaften, welche unbillig und hart gegen sie verfahren; welches sie als ein ihnen aufgelegtes Kreuz willig zu tragen haben. 

 

1266. WAS SOLL ABER DAS GESINDE ZU LEISTUNG SOLCHER IHRER PFLICHT BEWEGEN?

 

Gottes Befehl, Drohung und Verheißung, und weil Gott alles, was der Herrschaft Gutes oder Böses geschiehet, als ihm selbst geschehen annimmt. 

 

1267. WESSEN MÖGEN SICH FROMME DIENSTBOTEN GETRÖSTEN?

 

Dass ihr Stand Gott gefalle, und viel sicherer sei, als der vieler anderer; dass Gott der Herr alles, was sie in Einfalt ihres Herzens in ihren Diensten verrichten, also aufnimmt, als ihm selbst geschehen, und demnach nicht auf die Geringfügigkeit der vor der Welt geringen Werke, sondern den Glauben, aus dem sie es tun, siehet: daher alle ihre Dienste, wo sie sie mit rechtem Herzen tun, als lauter Gottesdienste anzusehen sind. Sodann, dass Gott, ohne Ansehen der Person, das Gute belohnet, was auch die Menschen nicht belohnen wollen oder können. 

 

1268. WIE LAUTET DIE LEKTION DER HERRSCHAFTEN?

 

Ihr Herren, tut auch dasselbige gegen sie, und lasset euer Drohen, und wisset, dass ihr auch einen Herrn im Himmel habt, und ist bei ihm kein Ansehen der Person, Eph. 6. 

 

1269. WAS WIRD DENN VON DENSELBEN GEGEN IHR GESINDE ERFORDERT? 

 

1. Die Liebe, als der Grund der übrigen Pflichten; weil sie als Väter gegen das Gesinde sein sollen, müssen sie solches auch herzlich lieben. 2. Sorge für ihre Seelen, für sie zu beten, sie zu unterrichten, zu dem Gottesdienst anzuhalten, mit gutem Exempel sie zu erbauen, und wo sie fehlen, sie mit Liebe zu bessern. 3. Sorge für ihren Leib, in notdürftigem Unterhalt, Schonen mit allzuschwerer Arbeit, Pflege in Krankheiten. 4. Lohn nach Billigkeit, und also, dass man ihnen solchen lasse zu Liebe werden. 5. Sanftmut, sie nicht gegen sich zu verachten, mit ihnen Geduld zu tragen, und in Summa, ihnen zu tun, was sie von andern verlangen. 

 

1270. WAS SOLL DIE HERRSCHAFTEN ZUR BEOBACHTUNG IHRER PFLICHTEN BEWEGEN?

 

Dieses, dass sie des Gesindes Väter heißen und sind, solche auch ihre Brüder und Schwestern in dem Geistlichen sind; dass sie auch einen Herrn in dem Himmel haben, dem sie des Gesindes wegen Rechenschaft geben müssen, von dem sie alle Gewalt über ihre Dienstboten her haben, und deswegen derselben nicht missbrauchen sollen. 

 

1271. WIE LAUTET DIE LEKTION DER JUGEND INSGEMEIN?

 

Ihr Jungen, seid den Alten untertan, und beweiset darinnen die Demut; denn Gott widerstrebet den Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. So demütiget euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, dass er euch erhöhe zu seiner Zeit, 1 Petr. 5. 

 

1272. WAS GEHÖRET DENN VORNEHMLICH DER JUGEND ZU?

 

Insonderheit die Demut: jedoch mögen auch noch andere Pflichten der Jugend gemerket werden gegen Gott, sich selbst, und den Nächsten. 

 

1273. WAS IST DER JUGEND PFLICHT GEGEN GOTT?

 

Dass sie Gott gleich erkennen lernen, und dahin die beste Zeit ihres Alters und fertigsten Kräfte des Gemütes anwenden, da sie am tüchtigsten darzu sind (A). Dass sie Gott fürchten, und so viel fleißiger trachten ihm zu gefallen, als weniger Hindernisse sie daran haben (B), aber also, dass sie nicht nach eigenem, sondern nach Gottes Willen wandeln wollen (C). Sodann, dass sie an göttliches Gericht fleißig gedenken (D), welches sie nicht wissen, wie nahe es ihnen sei, und glauben, dass auch die Sünden der Jugend in dasselbe geführet werden (E). 

 

(A)

2 Tim. 3,15: Weil du von Kind auf die heil. Schrift weißest. 

 

(B)

Pred. 12,1: Gedenke an deinen Schöpfer in deiner Jugend, ehe denn die bösen Tage kommen, und die Jahre herzutreten, da du wirst sagen, sie gefallen mir nicht. 

1 Kor. 7,33.34: Es ist ein Unterschied zwischen einem Weibe und einer Jungfrau. Welche nicht freiet, die sorget, was dem Herrn angehöret, dass sie heilig sei, beides am Leibe und auch am Geiste; die aber freiet, die sorget, was der Welt angehöret, wie sie dem Manne gefalle. 

 

(C)

Ps. 119,9: Wie wird ein Jüngling seinen Weg unsträflich gehen? Wenn er sich hält nach deinem Wort. 

 

(D)

Pred. 11,9: So freue dich, Jüngling, in deiner Jugend, und laß dein Herz guter Dinge sein in deiner Jugend; tue was dein Herz gelüstet, und deinen Augen gefället; und wisse, dass dich Gott um dies alles wird vor Gericht führen.

 

(E)

Ps. 25,7: Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend, und meiner Übertretung. Hiob 13,26: Du willst mich umbringen um der Sünde willen meiner Jugend. 

 

1274. WAS IST DIE JUGEND GEGEN SICH SELBST ZU TUN SCHULDIG?

 

Dass sie sich keusch und züchtig halte, und nicht mit dergleichen Schandflecken ihre Seele, Leib und Namen verunreinige, so ihnen die ganze Lebenszeit anklebet, und göttlichen Fluch auf sich ziehet: dass sie auch in ihren Jugendjahren die Zeit nicht versäumen, etwas Rechtschaffenes zu lernen, davon sie ins künftige leben möchten, sondern dass sie sich zeitlich an Genügsamkeit gewöhnen, und allezeit lernen mit wenigem vorlieb zu nehmen. 

 

1275. WAS IST DER JUGEND SCHULDIGKEIT GEGEN ANDERE, SONDERLICH ABER ÄLTERE?

 

Dass sie demütig und gegen alte Leute ehrerbietig seien (A), des Alters Schwachheit nicht spotten, sondern Geduld mit ihnen tragen (B), und in ihrer Gegenwart sich bescheiden halten (C). Sodann, dass sie denen, die älter als sie sind, gern gehorsam seien, deroselben Vermahnungen und Rat nicht verachten, gern mit ihnen umgehen, und gutem Exempel nachfolgen (D), hingegen alle böse Gesellschaft, als den Teufel selbst, meiden und fliehen (E). 

 

(A)

3 Mose 19,32: Vor einem grauen Haupt sollst du aufstehen, und die Alten ehren; denn du sollst dich fürchten vor deinem Gott; denn ich bin der Herr. 

1 Tim. 5,1.2: Einen Alten schilt nicht, sondern ermahne ihn als einen Vater; die Jungen als die Brüder; die alten Weiber als die Mütter; die jungen als die Schwestern, mit aller Keuschheit. 

 

(B)

Sir. 8,7: Verachte das Alter nicht; denn wir gedenken auch alt zu werden. 

 

(C)

Sir. 32,10-13: Ein Jüngling mag auch wohl reden, einmal oder zweimal, wenns ihm not ist; und wenn man ihn fragt, soll ers kurz machen, und sich halten, als der nicht viel wisse, und lieber schweigen; und soll sich nicht den Herren gleich achten, und wenn ein Alter redet, nicht drein waschen. 

 

(D)

Sir. 8,9-12: Verachte nicht was die Weisen reden, sondern richte dich nach ihren Sprüchen; denn von ihnen kannst du etwas lernen, und wie du dich halten sollst gegen große Leute. Laß dich nicht klüger dünken, denn die Alten, denn sie habens auch von ihren Vätern gelernet; denn von ihnen kannst du lernen, wie du sollst antworten, wo es not ist. 

Sir. 6,35.36: Sei gern bei den Alten, und wo ein weiser Mann ist, zu dem halte dich. Höre gern Gottes Wort, und merke die guten Sprüche der Weisheit. Wo du einen vernünftigen Mann siehest, zu dem komme mit Fleiß, und gehe stets aus und ein bei ihm. 

 

(E)

Spr. 1,10: Mein Kind, wenn dich die bösen Buben locken, so folge nicht, u.s.w. 

 

1276. ISTS ABER MÖGLICH, DASS DIE JUGEND AUCH KÖNNE SICH NACH SOLCHER IHRER PFLICHT HALTEN?

 

Ja, wo sie Gott herzlich anrufet um seine Gnade, und nach seinem Wort sich zu halten begehret, so ists Gott, der sie selbst leitet, und ihnen möglich machet, was sie von selbst nicht vermöchten. 

 

Ps. 119,9: s. oben Fr. 1273. S. auch 1 Kön. 3,7.9.12.

Ps. 48,15: Er führet uns, wie die Jugend. 

 

1277. WIE LAUTET DER WITWEN LEKTION?

 

Welche eine rechte Witwe und einsam ist, die stellet ihre Hoffnung auf Gott, und bleibet am Gebet Tag und Nacht; welche aber in Wollüsten lebet, die ist lebendig tot, 1 Tim. 5. 

1278. WAS WIRD DENN VON IHNEN ERFORDERT?

 

Erstlich ein stilles und eingezogenes Leben, dass sie, ihrem Trauerstand gemäß, sich einsam halten, und der vielen fröhlichen Gesellschaften sich entschlagen (A): sodann, ihre Hoffnung auf Gott setzen (B), und an seiner Hilfe nicht zweifeln, noch immer klagen: drittens, an dem Gebet und Gottesdienst stetig anhalten (C): und viertens, so sie Kinder haben, dieselben sorgfältig in der Furcht des Herrn auferziehen (D). 

 

(A)

Judith 8,4-6: Judith war nun drei Jahre und sechs Monden eine Witwe, und sie hatte ihr oben in ihrem Hause ein sonderliches Kämmerlein gemacht, darinnen sie saß mit ihren Mägden; und war bekleidet mit einem Sack, und fastete täglich, ohne um Sabbat, Neumonden und andern Festen des Hauses Israel. 

 

(B)

1 Tim. 5,5. S. oben Fr. 1277. 

 

(C)

1 Tim. 5,5. S. Fr. 1277. 

Luk. 2,37: Hanna war eine Witwe bei vier und achtzig Jahren, die kam nimmer vom Tempel, dienete Gott mit Fasten und Beten, Tag und Nacht. 

1 Kor. 7,32.33: Wer ledig ist, der sorget, was dem Herrn angehöret, wie er dem Herrn gefalle; wer aber freiet, der sorget, was der Welt angehöret, wie er dem Weibe gefalle. 

 

(D)

1 Tim. 5,4: So eine Witwe Kinder oder Neffen hat, solche laß zuvor lernen ihre eigenen Häuser göttlich regieren, und den Eltern gleiches vergelten; denn das ist wohl getan, und angenehm vor Gott. 

 

1279. WAS IST DEM WITWENSTAND SONDERLICH ENTGEGEN, UND AN DEMSELBEN STRAFBAR?

 

Vor allen Dingen das wollüstige Leben, wo sie in Kleiderpracht, niedlichem Essen und Trinken, lustigen Gesellschaften, Müßiggang, dem Fleisch nachleben, und des Fleisches Lüste bei sich hegen. 

 

1280. WAS HABEN ABER WITWEN, WELCHE IHREM STANDE NACH LEBEN, FÜR EINEN SONDERBAREN TROST?

 

1. Dass Gott sich ihren Helfer und Schutz nennet (A): 2. dass er auch andern, sonderlich der Obrigkeit, befiehlet, für sie Sorge zu tragen (B): 3. dass er allen drohet, die sie beleidigen (C): 4. dass ihr Stand so viel bequemer ist sich ganz von der Welt abzuziehen, und Gott desto gefälliger allein zu dienen (D). 

 

(A)

Ps. 68,6: Gott ist ein Vater der Waisen, und ein Richter der Witwen. 

Ps. 146,9: Der Herr behütet die Fremdlinge und Waisen, und erhält die Witwen. 

5 Mos. 10,18: Gott schaffet Recht den Waisen und Witwen, und hat die Fremdlinge lieb, dass er ihnen Speise und Kleider gebe. 

 

(B)

2 Mos. 22,22-24: Ihr sollt keine Witwen und Waisen beleidigen. Wirst du sie beleidigen, so werden sie zu mir schreien, und ich werde ihr Schreien erhören; so wird mein Zorn ergrimmen, dass ich euch mit dem Schwert töte, und eure Weiber Witwen und eure Kinder Waisen werden. 

5 Mos. 24,17: Du sollst das Recht des Fremdlings und des Waisen nicht beugen, und sollst der Witwe nicht das Kleid zum Pfande nehmen. 

5 Mos. 26,12: Wenn du alle Zehenten deines Einkommens zusammengebracht hast im dritten Jahre, das ist ein Zehentenjahr, so sollst du den Leviten, den Fremdlingen, den Waisen und Witwen geben, dass sie essen in deinem Tore, und satt werden. 

Jes. 1,17: Schaffet den Waisen Recht, und helfet der Witwen Sache. 

Sach. 7,10: Tut nicht Unrecht den Witwen, Waisen, Fremdlingen und Armen. 

Jak. 1,27: Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott dem Vater, ist der, die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen, und sich von der Welt unbefleckt behalten. 

 

(C)

5 Mos. 27,19: Verflucht sei, wer das Recht des Fremdlings, des Waisen und der Witwen beuget. Und alles Volk soll sagen: Amen. 

Sir. 35,17-19: Der Herr verachtet des Waisen Gebet nicht, noch die Witwe, wenn sie klagt. Die Tränen, der Witwen fließen wohl die Backen herab; sie schreien aber über sich wider den, der sie heraus dringet. 

 

(D)

1 Kor. 7,32-34: S. oben Fr. 1273. 1278. 

 

1281. WAS IST ENDLICH DIE ALLGEMEINE LEKTION?

 

Liebe deinen Nächsten, als dich selbst: in den Worten sind alle Gebote verfasset, Röm. 13. Und haltet an mit Beten für alle Menschen, 1 Tim. 2. 

Ein jeder lern sein Lektion, 

So wird es wohl im Hause stohn. 

 

1282. WAS GEHÖRET ALSO ALLEN INSGEMEIN ZU?

 

Die Liebe des Nächsten (A), das Gebet für andere (B), und fleißige Beobachtung seiner Lektion. 

 

(A)

S. oben Fr. 179.ff. 

 

(B)

S. oben Fr. 810. 

 

1283. DARF DENN KEINER MEHR WISSEN, ALS SEINE EIGENE LEKTION?

 

Es soll billig ein jeder Christ aller Stände Lektion wissen, indem er jezuweilen aus einem Stand und dessen Ordnung in einen andern versetzet wird, sodann seine Lektion aus Gegenhaltung der andern desto besser verstehet: er hat aber vornehmlich auf die seinige zu sehen, sie nicht nur zu wissen, sondern auch durch göttliche Gnade ins Werk zu setzen.