Martin Luther

Der Kleine Katechismus ( 1529 )

 

DAS ERSTE HAUPTSTÜCK:

DIE ZEHN GEBOTE

 

DAS ERSTE GEBOT

Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst nicht andere Götter haben neben mir.

 

Was ist das?

 

Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen.

 

DAS ZWEITE GEBOT

Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht unnützlich führen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht.

 

Was ist das?

 

Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir bei seinem Namen nicht fluchen, schwören, zaubern, lügen oder trügen, sondern ihn in allen Nöten anrufen, beten, loben und danken.

 

DAS DRITTE GEBOT

Du sollst den Feiertag heiligen.

 

Was ist das?

 

Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir die Predigt und sein Wort nicht ver-achten, sondern dasselbe heilig halten, gerne hören und lernen.

 

DAS VIERTE GEBOT

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß dir's wohlgehe und du lange lebest auf Erden.

 

Was ist das?

 

Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unsere Eltern und Herren nicht ver-achten noch erzürnen, sondern sie in Ehren halten, ihnen dienen, gehorchen, sie lieb und wert haben.

 

DAS FÜNFTE GEBOT

Du sollst nicht töten.

 

Was ist das?

 

Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unserm Nächsten an seinem Leibe keinen Schaden noch Leid tun, sondern ihm helfen und fördern in allen Leibes-nöten.

 

DAS SECHSTE GEBOT

Du sollst nicht ehebrechen.

 

Was ist das?

 

Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir keusch und züchtig leben in Worten und Werken und ein jeglicher sein Gemahl lieben und ehren.

 

DAS SIEBENTE GEBOT

Du sollst nicht stehlen.

 

Was ist das?

 

Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unsers Nächsten Geld oder Gut nicht nehmen noch mit falscher Ware oder Handel an uns bringen, sondern ihm sein Gut und Nahrung helfen bessern und behüten.

 

DAS ACHTE GEBOT

Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

 

Was ist das?

 

Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unsern Nächsten nicht belügen, verraten, afterreden oder bösen Leumund machen, sondern sollen ihn ent-schuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum besten kehren.

 

DAS NEUNTE GEBOT

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.

 

Was ist das?

 

Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unserm Nächsten nicht mit List nach seinem Erbe oder Hause stehen und mit einem Schein des Rechts an uns bringen, sondern ihm dasselbe zu behalten förderlich und dienstlich sein.

 

DAS ZEHNTE GEBOT

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was sein ist.

 

Was ist das?

 

Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unserm Nächsten nicht sein Weib, Gesinde oder Vieh abspannen, abdringen oder abwendig machen, sondern dieselben anhalten, daß sie bleiben und tun, was sie schuldig sind.

 

WAS SAGT NUN GOTT VON DIESEN GEBOTEN ALLEN?

 

Er sagt so: „Ich der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott. der an denen, die mich hassen, die Sünde der Väter heimsucht an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied; aber denen, die mich lieben und meine Gebote halten, tue ich wohl bis ins tausendste Glied.“

 

Was ist das?

 

Gott droht zu strafen alle, die diese Gebote übertreten; darum sollen wir uns fürchten vor seinem Zorn und nicht gegen seine Gebote handeln. Er verheißt aber Gnade und alles Gute allen, die diese Gebote halten; darum sollen wir ihn auch lieben und vertrauen und gerne tun nach seinen Geboten.  

 

DAS ZWEITE HAUPTSTÜCK:

DER GLAUBE

 

DER ERSTE ARTIKEL.

VON DER SCHÖPFUNG

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.

 

Was ist das?

 

Ich glaube, daß mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen, mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält; dazu Kleider und Schuh, Essen und Trinken, Haus und Hof, Weib und Kind, Acker, Vieh und alle Güter; mit allem, was not tut für Leib und Leben, mich reichlich und täglich versorgt, in allen Gefahren beschirmt und vor allem Übel behütet und bewahrt; und das alles aus lauter väterlicher, göttlicher Güte und Barmherzigkeit, ohn’ all mein Verdienst und Würdigkeit: für all das ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein schuldig bin. Das ist gewißlich wahr.

 

DER ZWEITE ARTIKEL.

VON DER ERLÖSUNG

Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

 

Was ist das?

 

Ich glaube, daß Jesus Christus, wahrhaftiger Gott, vom Vater in Ewigkeit ge-boren, und auch wahrhaftiger Mensch von der Jungfrau Maria geboren, sei mein Herr; der mich verlornen und verdammten Menschen erlöset hat, erworben, gewonnen von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels; nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen, teuren Blut und mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben; damit ich sein eigen sei und in seinem Reiche unter ihm lebe und ihm diene in ewiger Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit, gleichwie er ist auferstanden vom Tode, lebet und regieret in Ewigkeit. Das ist gewißlich wahr.

 

DER DRITTE ARTIKEL.

VON DER HEILIGUNG

Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

 

Was ist das?

 

Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben; in welcher Christenheit er mir und allen Gläubigen täglich alle Sünden reichlich vergibt und am Jüngsten Tage mich und alle Toten aufer-wecken wird und mir samt allen Gläubigen in Christus ein ewiges Leben geben wird. Das ist gewißlich wahr.  

 

DAS DRITTE HAUPTSTÜCK:

DAS VATERUNSER

 

DIE ANREDE

Vater unser im Himmel.

 

Was ist das?

 

Gott will uns damit locken, daß wir glauben sollen, er sei unser rechter Vater und wir seine rechten Kinder, damit wir getrost und mit aller Zuversicht ihn bitten sollen wie die lieben Kinder ihren lieben Vater.

 

DIE ERSTE BITTE

Geheiligt werde dein Name.

 

Was ist das?

 

Gottes Name ist zwar an sich selbst heilig; aber wir bitten in diesem Gebet, daß er auch bei uns heilig werde.

 

Wie geschieht das?

 

Wo das Wort Gottes lauter und rein gelehrt wird und wir auch heilig, als die Kinder Gottes, danach leben. Dazu hilf uns, lieber Vater im Himmel! Wer aber anders lehrt und lebt, als das Wort Gottes lehrt, der entheiligt unter uns den Namen Gottes. Davor behüte uns, himmlischer Vater!

 

DIE ZWEITE BITTE

Dein Reich komme.

 

Was ist das?

 

Gottes Reich kommt auch ohne unser Gebet von selbst, aber wir bitten in diesem Gebet, daß es auch zu uns komme.

 

Wie geschieht das?

 

Wenn der himmlische Vater uns seinen Heiligen Geist gibt, daß wir seinem heili-gen Wort durch seine Gnade glauben und danach leben, hier zeitlich und dort ewiglich.

 

DIE DRITTE BITTE

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

 

Was ist das?

 

Gottes guter, gnädiger Wille geschieht auch ohne unser Gebet; aber wir bitten in diesem Gebet, daß er auch bei uns geschehe.

 

Wie geschieht das?

 

Wenn Gott allen bösen Rat und Willen bricht und hindert, die uns den Namen Gottes nicht heiligen und sein Reich nicht kommen lassen wollen, als da ist des Teufels, der Welt und unseres Fleisches Wille; sondern stärkt und behält uns fest in seinem Wort und Glauben bis an unser Ende. Das ist sein gnädiger, guter Wille.

 

DIE VIERTE BITTE

Unser tägliches Brot gib uns heute.

 

Was ist das?

 

Gott gibt das tägliche Brot auch ohne unsere Bitte allen bösen Menschen; aber wir bitten in diesem Gebet, daß er’s uns erkennen lasse und wir mit Danksagung empfangen unser tägliches Brot.

 

Was heißt denn tägliches Brot?

 

Alles, was not tut für Leib und Leben, wie Essen, Trinken, Kleider, Schuh, Haus, Hof, Acker, Vieh, Geld, Gut, fromm Gemahl, fromme Kinder, fromm Gesinde, fromme und treue Oberherren, gut Regiment, gut Wetter, Friede, Gesundheit, Zucht, Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen.

 

DIE FÜNFTE BITTE

Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

 

Was ist das?

 

Wir bitten in diesem Gebet, daß der Vater im Himmel nicht ansehen wolle unsere Sünden und um ihretwillen solche Bitten nicht versagen, denn wir sind dessen nicht wert, was wir bitten, haben's auch nicht verdient; sondern er wolle es uns alles aus Gnaden geben, obwohl wir täglich viel sündigen und nichts als Strafe verdienen. So wollen wir wiederum auch herzlich vergeben und gerne wohltun denen, die sich an uns versündigen.

 

DIE SECHSTE BITTE

Und führe uns nicht in Versuchung.

 

Was ist das?

 

Gott versucht zwar niemand; aber wir bitten in diesem Gebet, daß Gott uns wolle behüten und erhalten, auf daß uns der Teufel, die Welt und unser Fleisch nicht betrüge und verführe in Mißglauben, Verzweiflung und andere große Schande und Laster; und ob wir damit angefochten würden, daß wir doch endlich ge-winnen und den Sieg behalten.

 

DIE SIEBENTE BITTE

Sondern erlöse uns von dem Bösen.

 

Was ist das?

 

Wir bitten in diesem Gebet als in der Summa, daß uns der Vater im Himmel von allerlei Übel an Leib und Seele, Gut und Ehre erlöse und zuletzt, wenn unser Stündlein kommt, ein seliges Ende beschere und mit Gnaden von diesem Jammertal zu sich nehme in den Himmel.

 

DER BESCHLUSS

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

 

Was heißt Amen?

 

Daß ich soll gewiß sein, solche Bitten sind dem Vater im Himmel angenehm und erhöret. Denn er selbst hat uns geboten, also zu beten, und verheißen, daß er uns will erhören. Amen, Amen, das heißt: Ja, ja, es soll also geschehen.  

 

DAS VIERTE HAUPTSTÜCK:

DAS SAKRAMENT DER HEILIGEN TAUFE

 

ZUM ERSTEN

Was ist die Taufe?

 

Die Taufe ist nicht allein schlicht Wasser, sondern sie ist das Wasser in Gottes Gebot gefaßt und mit Gottes Wort verbunden.

 

Welches ist denn dies Wort Gottes?

 

Unser Herr Christus spricht bei Matthäus im letzten Kapitel: „Gehet hin in alle Welt und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

 

ZUM ZWEITEN

Was gibt oder nützt die Taufe?

 

Sie wirkt Vergebung der Sünden, erlöst vom Tode und Teufel und gibt die ewige Seligkeit allen, die es glauben, wie die Worte und Verheißung Gottes lauten.

 

Welches sind denn solche Worte und Verheißung Gottes?

 

Unser Herr Christus spricht bei Markus im letzten Kapitel: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“

 

ZUM DRITTEN

Wie kann Wasser solch große Dinge tun?

 

Wasser tut's freilich nicht, sondern das Wort Gottes, das mit und bei dem Wasser ist, und der Glaube, der solchem Worte Gottes im Wasser traut. Denn ohne Gottes Wort ist das Wasser schlicht Wasser und keine Taufe; aber mit dem Worte Gottes ist's eine Taufe, das ist ein gnadenreiches Wasser des Lebens und ein Bad der neuen Geburt im Heiligen Geist; wie Paulus sagt zu Titus im dritten Kapitel: „Gott macht uns selig durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland, damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung.“ Das ist gewißlich wahr.

 

ZUM VIERTEN

Was bedeutet denn solch Wassertaufen?

 

Es bedeutet, daß der alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße soll ersäuft werden und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten; und wiederum täglich herauskommen und auferstehen ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinheit vor Gott ewiglich lebe.

 

Wo steht das geschrieben?

 

Der Apostel Paulus spricht zu den Römern im sechsten Kapitel: „Wir sind samt Christus durch die Taufe begraben in den Tod, auf daß, gleichwie Christus auf-erweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln.“  

 

DAS FÜNFTE HAUPTSTÜCK:

DAS SAKRAMENT DES ALTARS ODER DAS HEILIGE ABENDMAHL

 

ZUM ERSTEN

Was ist das Sakrament des Altars?

 

Es ist der wahre Leib und Blut unsers Herrn Jesus Christus, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken von Christus selbst eingesetzt.

 

Wo steht das geschrieben?

 

So schreiben die heiligen Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und der Apostel Paulus: „Unser Herr Jesus Christus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach's und gab's seinen Jüngern und sprach: Nehmet hin und esset: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; solches tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl, dankte und gab ihnen den und sprach: Nehmet hin und trinket alle daraus: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Verge-bung der Sünden; solches tut, sooft ihr's trinket, zu meinem Gedächtnis.“

 

ZUM ZWEITEN

Was nützt denn solch Essen und Trinken?

 

Das zeigen uns diese Worte: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden; nämlich, daß uns im Sakrament Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit durch solche Worte gegeben wird; denn wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit.

 

ZUM DRITTEN

Wie kann leiblich Essen und Trinken solch große Dinge tun?

 

Essen und Trinken tut's freilich nicht, sondern die Worte, die da stehen: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. Diese Worte sind neben dem leiblichen Essen und Trinken das Hauptstück im Sakrament. Und wer die-sen Worten glaubt, der hat, was sie sagen und wie sie lauten, nämlich: Verge-bung der Sünden.

 

ZUM VIERTEN

Wer empfängt denn solch Sakrament würdiglich?

 

Fasten und leiblich sich bereiten ist zwar eine feine äußerliche Zucht; aber der ist recht würdig und wohl geschickt, wer den Glauben hat an diese Worte: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. Wer aber diesen Worten nicht glaubt oder zweifelt, der ist unwürdig und ungeschickt; denn das Wort Für euch fordert nichts als gläubige Herzen.  

 

VOM AMT DER SCHLÜSSEL UND VON DER BEICHTE.

( Das Stück von Beichte und Vergebung findet sich ursprünglich nicht

im Kleinen Katechismus, geht aber zum Teil auf Martin Luther zurück. )

 

Was ist das Amt der Schlüssel?

 

Es ist die besondere Gewalt, die Christus seiner Kirche auf Erden gegeben hat, den bußfertigen Sündern die Sünden zu vergeben, den unbußfertigen aber die Sünden zu behalten, solange sie nicht Buße tun.

 

Wo steht das geschrieben?

 

Unser Herr Jesus Christus spricht bei Matthäus im sechzehnten Kapitel zu Petrus: „Ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.“ Desgleichen spricht er zu seinen Jüngern bei Johannes im zwanzigsten Kapitel: „Nehmet hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“

 

Was ist die Beichte?

 

Die Beichte begreift zwei Stücke in sich: eins, daß man die Sünde bekenne, das andere, daß man die Absolution oder Vergebung vom Beichtiger empfange als von Gott selbst und ja nicht daran zweifle, sondern fest glaube, die Sünden seien dadurch vergeben vor Gott im Himmel.

 

Welche Sünden soll man denn beichten?

 

Vor Gott soll man aller Sünden sich schuld geben, auch die wir nicht erkennen, wie wir im Vaterunser tun. Aber vor dem Beichtiger sollen wir allein die Sünden bekennen, die wir wissen und fühlen im Herzen.

 

Welche sind die?

 

Da siehe deinen Stand an nach den zehn Geboten, ob du Vater, Mutter, Sohn, Tochter seiest, in welchem Beruf und Dienst du stehest: ob du ungehorsam, untreu, unfleißig, zornig, zuchtlos, streitsüchtig gewesen bist, ob du jemand Leid getan hast mit Worten oder Werken, ob du gestohlen, versäumet oder Schaden getan hast.

 

Wie bekennst du deine Sünden vor dem Beichtiger?

 

So kannst du zum Beichtiger sprechen: Ich bitte, meine Beichte zu hören und mir die Vergebung zuzusprechen um Gottes willen. Hierauf bekenne dich vor Gott aller Sünden schuldig und sprich vor dem Beichtiger aus, was als besondere Sünde und Schuld auf dir liegt. Deine Beichte kannst du mit den Worten schließen: „Das alles ist mir leid. Ich bitte um Gnade. Ich will mich bessern.“

 

Wie geschieht die Lossprechung (Absolution)?

 

Der Beichtiger spricht: „Gott sei dir gnädig und stärke deinen Glauben. Amen. Glaubst du auch, daß meine Vergebung Gottes Vergebung ist?“ Antwort: Ja, das glaube ich. Darauf spricht er: Wie du glaubst, so geschehe dir. Und ich, auf Befehl unseres Herrn Jesus Christus, vergebe dir deine Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Gehe hin in Frieden! Welche aber im Gewissen sehr beschwert oder betrübt und angefochten sind, die wird ein Beichtvater wohl mit mehr Worten der Heiligen Schrift zu trösten wissen und zum Glauben reizen. Dies soll nur eine Weise der Beichte sein.

 

WIE EIN HAUSVATER SEIN GESINDE LEHREN SOLL,

MORGENS UND ABENDS SICH ZU SEGNEN.

 

DER MORGENSEGEN

Des Morgens, so du aus dem Bett fährst, sollst du dich segnen mit dem heiligen Kreuz und sagen: Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen. Darauf kniend oder stehend den Glauben und Vaterunser. Willst du, so magst du dies Gebetlein dazu sprechen:

Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesum Christum, deinen lieben Sohn, daß du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütest hast, und bitte dich, du wollest mich diesen Tag auch behüten vor Sünden und allem Übel, daß dir all mein Tun und Leben gefalle. Denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele und alles in deine Hände; dein heiliger Engel sei mit mir, daß der böse Feind keine Macht an mir finde. Amen.

Und alsdann mit Freuden an dein Werk gegangen und etwa ein Lied gesungen oder die zehn Gebote oder was deine Andacht gibt.

 

DER ABENDSEGEN

Des Abends, wenn du zu Bette gehst, sollst du dich segnen mit dem heiligen Kreuz und sagen: Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen. Darauf kniend oder stehend den Glauben und Vaterunser. Willst du, so magst du dies Gebetlein dazu sprechen:

Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesum Christum, deinen lieben Sohn, daß du mich diesen Tag gnädiglich behütet hast, und bitte dich, du wollest mir vergeben alle meine Sünden, wo ich Unrecht getan habe, und mich diese Nacht auch gnädiglich behüten. Denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, daß der böse Feind keine Macht an mir finde. Amen.

Und alsdann flugs und fröhlich geschlafen.

 

WIE EIN HAUSVATER DIE SEINEN LEHREN SOLL,

DAS BENEDICITE UND GRATIAS ZU SPRECHEN.

 

DAS BENEDICITE

Eltern, Kinder und Gesinde sollen mit gefalteten Händen und zuchtvoll vor den Tisch treten und sprechen: Aller Augen warten auf dich, Herr, und du gibst ihnen ihre Speise zu seiner Zeit. Du tust deine milde Hand auf und sättigst alles, was lebt, mit Wohlgefallen. Danach das Vaterunser und dies folgende Gebet: Herr Gott, himmlischer Vater, segne uns und diese deine Gaben, die wir von deiner milden Güte zu uns nehmen, durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.

 

DAS GRATIAS

Also auch nach dem Essen sollen sie gleicherweise tun, zuchtvoll und mit ge-falteten Händen sprechen: Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich. Der allem Fleische Speise gibt, der dem Vieh sein Futter gibt, den jungen Raben, die ihn anrufen. Er hat nicht Lust an der Stärke des Rosses noch Gefallen an jemandes Beinen. Der Herr hat Gefallen an denen, die ihn fürchten und die auf seine Güte warten. Danach das Vaterunser und dies folgende Gebet: Wir danken dir, Herr Gott, himmlischer Vater, durch Jesum Christum, unsern Herrn, für alle deine Wohltat, der du lebest und regierest in Ewigkeit. Amen.